BVerwG: Autobahn A 20 darf vorerst nicht weitergebaut werden

Der Planfeststellungsbeschluss des Verkehrsministeriums Schleswig-Holstein für den Neubau der Bundesautobahn A 20 im Abschnitt 4 (Autobahnkreuz A 7/A 20 bis B 206 westlich Wittenborn) ist rechtswidrig und derzeit nicht vollziehbar. Bei der Planung seien wasser- und naturschutzrechtliche Gesichtspunkte nicht ausreichend geprüft worden, entschied das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27.11.2018 auf die Klage zweier Naturschutzverbände (Az.: 9 A 8.17; 9 A 10.17).

Kläger wenden sich gegen “Nord-West-Umfahrung Hamburg“

Gegen die Planfeststellung hatten die Umweltverbände BUND und NABU sowie zwei Privatleute geklagt. Der planfestgestellte Abschnitt gehört zur “Nord-West-Umfahrung Hamburg", die bei Lübeck an die von Stettin kommende Ostseeautobahn anknüpft und in ihrem Endausbau unter der Elbe hindurch bis nach Niedersachsen verlängert werden soll.

BVerwG: Planfeststellungsbeschluss wegen mehrerer Fehler derzeit nicht vollziehbar

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Planfeststellungsbeschluss fehlerhaft und deshalb zurzeit nicht vollziehbar sei. Der Beklagte sei seiner Dokumentationspflicht hinsichtlich der Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots nicht nachgekommen. Er habe hierzu zwar schon in den Jahren 2015/16 einen wasserrechtlichen Fachbeitrag erstellen lassen, der auch öffentlich ausgelegt worden sei. Dieser Fachbeitrag sei aber in Systematik und Prüfungstiefe erheblich hinter den rechtlichen Anforderungen zurückgeblieben. Wesentliche neue Untersuchungen, insbesondere zur Chlorid-Belastung der Oberflächenwasserkörper durch Tausalzeinträge, seien erst während des gerichtlichen Verfahrens vorgelegt worden.

Umplanung von Regenrückhaltebecken nicht geklärt

In diesem Zusammenhang würden außerdem noch Unklarheiten hinsichtlich einer Umplanung der Regenrückhaltebecken und der ihnen vorgeschalteten Absetzbecken bestehen, die erst in der mündlichen Verhandlung des Gerichts zu Protokoll erklärt worden sei. Die damit zusammenhängenden Ermittlungen und Bewertungen seien nicht Aufgabe des Gerichtsverfahrens, sondern vielmehr eines ergänzenden Verwaltungsverfahrens, das der Beklagte noch durchzuführen habe.

Notwendige FFH-Prüfung zu Fledermaus-Habitat fehlt

Weitere Mängel seien auch mit Blick auf das Naturschutzrecht zu verzeichnen. Nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf das europaweit bedeutsame Fledermaus-Habitat “Segeberger Kalkberghöhlen" mit rund 30.000 überwinternden Tieren seien nicht von vornherein auszuschließen und hätten deshalb einer FFH-Verträglichkeitsprüfung bedurft, die aber unterblieben sei. Im Hinblick auf den Artenschutz für die durch das europäische Recht besonders geschützten Fledermausarten bestünden entsprechende Defizite. Ferner hätte einem bereits im Verwaltungsverfahren geäußerten Hinweis auf weitere vorhabennahe Brutplätze einer geschützten Eulenart (Schleiereule) näher nachgegangen werden müssen.

Verfahren der privaten Kläger war auszusetzen

Die festgestellten Fehler berührten nicht die Grundlagen der Planfeststellung, die im Übrigen nicht zu beanstanden sei. Deshalb sei auch nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geboten. Diese gelte bis zum Abschluss eines ergänzenden Verwaltungsverfahrens. Der Rechtsstreit der beiden privaten Kläger sei mit Rücksicht auf eine dem Europäischen Gerichtshof schon in einem anderen Verfahren im Zusammenhang mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot gestellte, aber noch nicht beantwortete Vorlagefrage auszusetzen.

BVerwG, Urteil vom 27.11.2018 - 9 A 8.17

Redaktion beck-aktuell, 27. November 2018.

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