Ausübung des Personalratsamtes nach außerordentlicher Kündigung

Ein dem Personalrat angehörender Arbeitnehmer, der nach außerordentlicher Kündigung ein Kündigungsschutzverfahren einleitet, darf laut Bundesverwaltungsgericht in der Ausübung seines Personalratsamtes nicht behindert werden, wenn die angegriffene Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Bei nicht offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung sei das Personalratsmitglied aber grundsätzlich aus rechtlichen Gründen an der Ausübung seines Personalratsamtes gehindert.

Klage gegen außerordentliche Kündigung erhoben

Der Antragsteller ist seit 1993 als Tarifbeschäftigter beim Bundesnachrichtendienst (BND) beschäftigt. Seit den Personalratswahlen im Jahr 2020 ist er Mitglied des Gesamtpersonalrats beim BND in Berlin. Einige Monate nach der Wahl wurde das Arbeitsverhältnis des Antragstellers mit Zustimmung des Gesamtpersonalrats außerordentlich gekündigt. Hiergegen hat der Antragsteller vor dem Arbeitsgericht Berlin Kündigungsschutzklage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Vorläufige weitere Ausübung des Personalratsamts begehrt

Parallel dazu hat er ein personalvertretungsrechtliches Hauptsache- und Eilverfahren eingeleitet. In der Hauptsache begehrt er die Feststellung, dass der Beschluss des Gesamtpersonalrats über die Zustimmung zu seiner außerordentlichen Kündigung unwirksam und er weiterhin Mitglied des Gesamtpersonalrats ist. Mit seinem Eilantrag möchte der Antragsteller in der Sache erreichen, dass er vom Gesamtpersonalrat sowie dem Präsidenten des BND in der Ausübung seines Personalratsamtes bis zur Entscheidung des BVerwG in der Hauptsache nicht behindert wird. Dazu macht er geltend, dass der Zustimmungsbeschluss des Gesamtpersonalrats zur Kündigung fehlerhaft und die Kündigung aus verschiedenen Gründen rechtswidrig sei.

Voraussetzungen für ungehinderte Amtsausübung

Das in erster und letzter Instanz zuständige BVerwG hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt. Ein außerordentlich gekündigtes Personalratsmitglied, das seine Kündigung im Weg der Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten angreift, sei weiterhin Mitglied des Personalrats. Die Mitgliedschaft im Personalrat setze nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) bei Arbeitnehmern ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Die für ein Erlöschen der Mitgliedschaft erforderliche Gewissheit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei im Fall der Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Regel erst mit einer rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren gegeben. Einem Mitglied des Personalrats stehe (nach § 8 BPersVG) ein Anspruch auf ungestörte Ausübung seines Amtes und der damit verbundenen Tätigkeiten zu. Dieser Anspruch erstrecke sich gegenüber dem Dienststellenleiter auch auf den ungehinderten Zutritt zur Dienststelle und zu allen Räumlichkeiten in ihr, soweit dies zur Erledigung der Personalratstätigkeit erforderlich ist.

Fehlende Glaubhaftmachung geht zulasten des Personalratsmitglieds

Der Anspruch könne im Eilverfahren erfolgreich geltend gemacht werden, wenn das gekündigte Personalratsmitglied glaubhaft macht, dass die angegriffene Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Denn bei einer derartigen Kündigung sei in Wahrheit kein ernstzunehmender Zweifel am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegeben, sodass der Rechtsposition des Personalratsmitglieds der Vorrang einzuräumen sei. An einer entsprechenden Glaubhaftmachung fehle es hier aber. Lasse sich die offensichtliche Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht feststellen, gehe die rechtliche Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der davon abhängenden Mitgliedschaft im Personalrat dergestalt zulasten des gekündigten Personalratsmitglieds – hier des Antragstellers –, dass dieser bis auf Weiteres (nach § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG) aus rechtlichen Gründen an der Ausübung seines Amtes gehindert ist.

BVerwG, Beschluss vom 04.02.2021 - 5 VR 1.20

Redaktion beck-aktuell, 8. Februar 2021.

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