Afghanische Staatsangehörige erhebt Untätigkeitsklage
Die Klägerin, eine afghanische Staatsangehörige, stellte im Oktober 2014 einen Asylantrag. Nachdem das BAMF sie knapp 22 Monate nicht angehört hatte, hat diese im August 2016 Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, das Bundesamt zu verpflichten, das Asylverfahren fortzuführen und über ihren Asylantrag zu entscheiden.
Vorinstanzen uneins
Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen (BeckRS 2016, 52408). Die Klage sei nicht zulässig, weil unmittelbar auf Schutzgewährung hätte geklagt werden müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte das Urteil des VG aufgehoben und das BAMF verpflichtet, über den Asylantrag der Klägerin zu entscheiden (BeckRS 2017, 113698). Der Klägerin fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis für eine auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Das VG sei nicht gehalten, selbst inhaltlich über einen Asylantrag zu befinden, soweit noch keine Anhörung beim BAMF stattgefunden habe. Dies folge insbesondere aus der besonderen Bedeutung, welche die Asylverfahrensrichtlinien der EU (2005/85/EG und 2013/32/EU) der persönlichen Anhörung durch das Bundesamt und daran anknüpfenden Verfahrensgarantien beimäßen.
BVerwG: Untätigkeitsklage ist zulässig
Das BVerwG hat die Revision des Bundesamtes zurückgewiesen. Die auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage sei zulässig. Ein zureichender Grund für eine Nichtentscheidung über den Asylantrag liege jedenfalls dann nicht vor, wenn bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung die Asylantragstellung 22 Monate zurückliegt. Die Klägerin habe auch ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre auf Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Die besondere Ausgestaltung des Asylverfahrens mit der hervorgehobenen Stellung des behördlichen Verfahrens und den daran anknüpfenden Verfahrensgarantien rechtfertigten es in einer Gesamtschau, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Bescheidungsklage zu bejahen. Einem Asylbewerber, der noch nicht angehört worden ist, könne nicht verwehrt werden, allein die Durchführung des behördlichen Verfahrens zu erstreiten; das Gericht sei in diesen Fällen nicht gehalten, die Sache in Bezug auf das Schutzbegehren selbst spruchreif zu machen.
Keine Entscheidung zu Untätigkeitsklage mit Ziel der Gewährung internationalen Schutzes
Das BVerwG hat nicht entschieden, ob der Asylbewerber auf die Möglichkeit der Bescheidungsklage beschränkt ist oder er die Untätigkeitsklage auch mit dem Ziel erheben kann, das Bundesamt zur Gewährung internationalen Schutzes zu verpflichten.