Rechtswidrige Rückversetzung eines vorübergehenden Generals

Der Erste Wehrdienstsenat hat dem Antrag eines Generalleutnants a.D., der als Befehlshaber des NATO-Hauptquartiers in Brunssum vorübergehend den Dienstgrad General geführt hatte, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Rückversetzung stattgegeben. Das Bundesverwaltungsgericht unterstrich, dass ein ausgewählter Bewerber, der eine Anwartschaft auf eine Beförderung erworben habe, nicht ohne Weiteres wieder auf einen Dienstposten mit geringerer Dotierungshöhe versetzen werden könne. 

Vorübergehender General wurde zurückversetzt

Ein Generalleutnant a.D. wurde vom Mai 2019 bis März 2020 als Befehlshaber eines NATO-Kommandos in Europa auf einem Generalsdienstposten (B 10) eingesetzt und führte in dieser Verwendung vorübergehend den Dienstgrad General ("temporary rank"). Seine Hoffnung, dort vom Generalleutnant ("Drei-Sterne-General") zum General ("Vier-Sterne-General") befördert zu werden, erfüllte sich nicht. Vielmehr wurde er im März 2020 vom Allied Joint Force Command in Brunssum (Niederlande) nach Berlin auf eine mit B 9 dotierte Position zurückversetzt und später als Generalleutnant in den Ruhestand verabschiedet.

BVerwG: Rückversetzung war rechtswidrig

Laut BVerwG war die Versetzung rechtswidrig. Aufgrund der Vernehmung mehrerer hochrangiger Zeugen - insbesondere des früheren und gegenwärtigen Generalinspekteurs der Bundeswehr und des ehemaligen Staatssekretärs - habe das Gericht die Umstände aufklären können, die zur Auswahl des Antragstellers zum Befehlshaber des NATO-Hauptquartiers in Brunssum geführt hätten.

Antragsteller wurde mit dem Ziel der Beförderung ausgewählt

Danach sei er im Frühjahr 2018 in einem Auswahlverfahren unter Berücksichtigung mehrerer Generalleutnante nach Eignung, Leistung und Befähigung im Sinne des § 3 Abs. 1 SG und des Art. 33 Abs. 2 GG mit dem Ziel der Beförderung ausgewählt worden. Eine hinreichend begründete Auswahlentscheidung, die den Dokumentationsanforderungen des Prinzips der Bestenauslese entsprochen hätte, habe zwar nicht vorgelegen. Der Dienstherr könne sich aber auf diesen von ihm selbst verschuldeten Formmangel im Verhältnis zum ausgewählten Bewerber nicht berufen, sondern müsse die Auswahlentscheidung gegen sich gelten lassen und könne den ausgewählten Bewerber, der eine Anwartschaft auf eine Beförderung erworben habe, nicht ohne Weiteres wieder auf einen Dienstposten mit geringerer Dotierungshöhe versetzen.

Keine einvernehmliche Änderung in Querversetzung 

Die Versetzung vom März 2020 sei auch nicht ausnahmsweise deswegen zulässig gewesen, weil die ursprüngliche förderliche Auswahlentscheidung im April 2019 einvernehmlich in eine reine Querversetzung abgeändert worden wäre, heißt es in der Entscheidung weiter. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei damals zwar bei einem Gespräch mit der Verteidigungsministerin die Dauer der Verwendung im NATO-Hauptquartier einvernehmlich von drei Jahren auf elf Monate verkürzt worden. Hingegen sei ein Ausbleiben der Beförderung nicht besprochen worden. Eine Umwandlung der förderlichen Auswahlentscheidung in eine vorübergehende höherwertige Verwendung sei auch nicht verfügt worden.

Keine Entscheidung über Anspruch auf beantragte Beförderung

Soweit der Antragsteller die Angabe der voraussichtlichen Verwendungsdauer in seiner Versetzung nach Brunssum angegriffen hat, blieb sein Antrag hingegen ohne Erfolg. Über die Frage, ob der Antragsteller ferner einen Anspruch auf die von ihm beantragte Beförderung hatte, entschied der Erste Wehrdienstsenat nicht. Diese Frage ist vielmehr Gegenstand eines beim VG Berlin anhängigen Rechtsstreits. Die Aufteilung des Rechtswegs ergibt sich hier laut BVerwG aus § 17 Abs. 1 WBO und § 82 Abs. 1 SG.

BVerwG, Beschluss vom 06.09.2022 - 1 WB 29.21

Gitta Kharraz, 7. September 2022.