BVerwG: Altersdiskriminierende Besoldung von Beamten begründet weiterhin Zahlungsanspruch von 100 Euro pro Monat

Ein Beamter kann auch nach der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Hennigs und Mai" (EuZW 2011, 883) im September 2011 vom Dienstherrn eine Zahlung von 100 Euro pro Monat verlangen, wenn sich seine Besoldung weiterhin nach Vorschriften gerichtet hat, die die Höhe der Bezüge unter Verstoß gegen das Unionsrecht allein vom Lebensalter abhängig gemacht haben. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 06.04.2017 entschieden. Der Betrag von 100 Euro sei von der Dauer der Geltung der diskriminierenden Besoldungsgesetze unabhängig und auch bei einer Teilzeitbeschäftigung nicht zu reduzieren (Az.: 2 C 11.16 und 2 C 12.16).

Verbot der Altersdiskriminierung verletzt

Die Kläger sind Beamte des Landes Hessen. Bis Ende Februar 2014 richtete sich die Bemessung ihrer Bezüge nach §§ 27 und 28 Bundesbesoldungsgesetz a.F. Diese Vorschriften waren wegen der Anknüpfung der ersten Einstufung in die Besoldungstabelle an das Lebensalter mit dem Verbot der Altersdiskriminierung in der "Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf" (RL 2000/78/EG) unvereinbar. Denn sie benachteiligten jüngere Beamten allein wegen ihres Lebensalters (BeckRS 2014, 81016). Im Dezember 2012 rügten die Kläger die unionsrechtswidrige Bemessung ihrer Dienstbezüge. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat das Land dazu verurteilt, den Klägern für den Zeitraum von Januar 2012 bis Ende Februar 2014 jeweils 100 Euro pro Monat (insgesamt 2.600 Euro) zu zahlen. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch bestehe wegen der Geltendmachung im Dezember 2012 für das gesamte Kalenderjahr 2012. Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG bestehe wegen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG für den Zeitraum ab Oktober 2012.

Höhe des Betrags von Geltungsdauer der diskriminierenden Besoldungsgesetze unabhängig

Das BVerwG hat jetzt die Revisionen der Kläger gegen diese Urteile zurückgewiesen. Auf die Revisionen des Landes hat es die Verpflichtungen zur Zahlung von 100 Euro pro Monat auf den Zeitraum von November 2012 bis Februar 2014 reduziert. Die Geltendmachung der unionsrechtswidrigen Besoldung im Dezember 2012 begründe den unionsrechtlichen Haftungsanspruch lediglich für den Zeitraum ab Januar 2013, weil die Dienstbezüge für Dezember 2012 bereits im November zugegangen waren. Die Geltendmachung habe keine Rückwirkung etwa für das gesamte Kalenderjahr. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG bestehe erst für den Zeitraum ab November 2012. Im Hinblick auf den Zugang der Oktoberbezüge 2012 bereits am letzten Bankarbeitstag des Septembers 2012 sei die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach § 15 Abs. 4 AGG zum Zeitpunkt des Widerspruchs der Kläger am 17.12.2012 bereits abgelaufen gewesen. Hinsichtlich der Höhe der monatlichen Zahlung bleibe es bei dem bereits in den Urteilen vom 30.10.2014 (beispielsweise BeckRS 2015, 41911) in Anlehnung an § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG als angemessen angesehenen Betrag von 100 Euro pro Monat. Dieser unabhängig von der Besoldungsgruppe des betroffenen Beamten festgesetzte Betrag sei nicht entsprechend der Dauer der Geltung der altersdiskriminierenden Besoldungsbestimmungen zu steigern oder im Hinblick auf eine Teilzeitbeschäftigung eines Beamten zu reduzieren.

BVerwG, Urteil vom 06.04.2017 - 2 C 11.16

Redaktion beck-aktuell, 7. April 2017.

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