§ 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG in der damals maßgeblichen Fassung sah vor, dass Personen, die auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes als Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden und dadurch einen Verdienstausfall erlitten, eine Entschädigung erhielten. Diese hatte der Arbeitgeber auszuzahlen, dem sie dann von Behördenseite erstattet wurde (§ 56 Abs. 5 IfSG).
In den beiden Fällen, über die das BVerwG nun entschieden hat, hatte die zuständige Behörde eine Erstattung abgelehnt. Als Subunternehmer für ein Unternehmen der fleischverarbeitenden Industrie schickten die klagenden Unternehmen im Jahr 2020 zahlreiche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in häusliche Quarantäne, nachdem sich an zwei Standorten des fleischverarbeitenden Betriebs, bei dem sie eingesetzt waren, viele Beschäftigte mit dem Virus infiziert hatten. Für die Dauer der Absonderungen leisteten sie weiter Zahlungen in Höhe des vereinbarten Arbeitsentgelts und führten Sozialversicherungsbeiträge für die Mitarbeitenden ab. Anschließend beantragten sie beim beklagten Land Nordrhein-Westfalen die Erstattung der gezahlten Beträge nach dem Infektionsschutzgesetz, zunächst erfolglos.
Die Verwaltungsgerichte (VG Münster, VG Minden) bejahten einen Erstattungsanspruch sowohl für eine 14-tägige als auch für eine fünfwöchige Quarantäne, für welche Unternehmen die Rückerstattungen gerichtlich machten. Das OVG Münster hingegen wies die Klagen der Unternehmen beide ab. Der Senat war der Ansicht, die betroffenen Arbeitnehmer hätten durch die Absonderung gar keinen Verdienstausfall erlitten, der für den Entschädigungsanspruch erforderlich sei. Die Subunternehmen seien nach § 616 Satz 1 BGB vielmehr verpflichtet gewesen, ihren Arbeitnehmern für die Zeit der Absonderung die im Arbeitsvertrag vereinbarte Vergütung weiter zu zahlen, weil diese für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in ihrer Person liegenden Grund ohne ihr Verschulden an der Dienstleistung verhindert gewesen seien (u.a. Urteil vom 10.03.2023 - OVG 18 A 1460/22).
14 Tage nicht erheblich, 5 Wochen schon
Das BVerwG differenziert nun: Die Auffassung des OVG Münster, eine Absonderung bis zu sechs Wochen sei in der Regel jedenfalls dann regelmäßig eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne von § 616 S. 1 BGB, wenn der oder die Mitarbeitende in einem unbefristeten ungekündigten Arbeitsverhältnis stand und nicht mehr in der Probezeit war, lehnt der Senat ausdrücklich ab. Wann der Zeitraum der Verhinderung des Arbeitnehmers nicht erheblich in diesem Sinne ist, richtet sich laut dem BVerwG vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls, vor allem auch nach der Eigenart der Verhinderung.
Die Dauer von 14 Tagen Quarantäne wegen des Verdachts der Ansteckung mit SARS-CoV-2 im Frühjahr 2020 habe sich an der maximalen Inkubationszeit orientiert und war laut dem Senat eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit gemäß § 616 Satz 1 BGB. Der Erstattungsanspruch dieses Arbeitgebers gegen den Staat aus § 56 IfSG sei damit ausgeschlossen, weil seinem Arbeitnehmer ein Weiterzahlungsanspruch gegen ihn zustand (BVerwG, Urteil vom 05.12.2024 - 3 C 8.23).
Im Fall der fünfwöchigen Quarantäne hingegen haben die Leipziger Richterinnen und Richter die Sache zurückverwiesen. Für diesen langen Zeitraum sei ein Weiterzahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen das Unternehmen nach 616 Satz 1 BGB ausgeschlossen Urteil vom 05.12.2024- Az. 3 C 7.23 ). Das OVG Münster soll aber klären, ob der MItarbeiter vielleicht einen Anspruch auf Weiterzahlung nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB hatte. Schließlich könnte das klagende Unternehmen für die Umstände, die damals den Ansteckungsverdacht und die daraus folgende Arbeitsverhinderung begründetet hatten, allein oder weit überwiegend verantwortlich gewesen sein.