Ein Mann hatte im Juli 2014 erstmals die Fahrerlaubnis der Klasse B erhalten. Nachdem bei ihm bei zwei Verkehrskontrollen der Konsum von Cannabis festgestellt worden war, verlangte die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten. Der Fahranfänger unterzog sich der Untersuchung, bescheinigt wurde ihm allerdings eine mangelnde Fahreignung. Daraufhin verzichtete er auf seine Fahrerlaubnis.
Im Juli 2020 wurde ihm dann – auf Grundlage eines nunmehr positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens – die Fahrerlaubnis der Klasse B neu erteilt. Zwei Monate später überfuhr er eine bereits länger als eine Sekunde rote Ampel. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete erneut die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an und stützte sich hierfür auf § 2a Abs. 5 S. 5 StVG. Nachdem der Mann das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt hatte, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
Der Betroffene klagte und bekam zunächst auch recht: Das VG hob die Entziehung der Fahrerlaubnis auf, weil die Anordnung der Beibringung eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG habe gestützt werden können. Die Vorschrift gelte nach ihrem Wortlaut nur, wenn die erste Fahrerlaubnis entzogen worden sei und nicht, wenn jemand – wie hier – auf die Fahrerlaubnis verzichtet habe.
OVG und BVerwG hingegen halten § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG auf den Verzicht für entsprechend anwendbar. Die Klage hatte also letztlich keinen Erfolg.
Nicht beabsichtigte Regelungslücke
Die Fahrerlaubnis auf Probe sei im Jahr 1986 eingeführt worden, holt das BVerwG aus (Urteil vom 10.10.2024 – 3 C 3.23). Sie solle Fahranfängern und -anfängerinnen deutlich machen, dass sie sich in einer Probezeit bewähren müssen. 1998 habe der Gesetzgeber dann mit einer Änderung des StVG auf den Versuch reagiert, die Regelungen der Fahrerlaubnis auf Probe durch Verzicht und anschließenden Neuerwerb zu umgehen: Die Regelungen für den Fall der Entziehung sollten auch beim Verzicht auf die Fahrerlaubnis anzuwenden sein.
Eine solche Gleichstellung habe dabei auch für die hier in Rede stehenden Regelungen über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und Zuwiderhandlung in der neuen Probezeit (§ 2a Abs. 5 StVG) erfolgen sollen, streicht das BVerwG heraus. Ausdrücklich geregelt worden sei dies jedoch nur für das Erfordernis der Teilnahme an einem Aufbauseminar vor Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis, nicht für die Anforderung eines Gutachtens nach erneuter Nichtbewährung in der neuen Probezeit.
Das BVerwG geht insoweit von einer nicht beabsichtigten Regelungslücke aus, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen sei. Dafür spreche das Ziel, einer Umgehung der Probezeit mit ihren besonderen Maßnahmen zu begegnen, sowie der Sinn und Zweck der Vorschriften, im Interesse der Verkehrssicherheit auf alle Fahranfänger und -anfängerinnen gleiche Regeln anzuwenden.