Ein Mann bewarb sich neben fünf weiteren Personen bei einer baden-württembergischen Stadt für die Stelle des Ersten Beigeordneten, erhielt aber keine Stimme. Stattdessen wählte der Gemeinderat mit 15 Stimmen einen anderen Bewerber, ein weiterer Bewerber erhielt sieben Stimmen. Bereits einen Tag später bestellte die Stadt den Bewerber, der die meisten Stimmen erhalten hatte, zum Ersten Beigeordneten.
Der Bewerber, der keine einzige Stimme erhalten hatte, klagte dagegen und bekam in zweiter Instanz zunächst recht. Diese sah den unterlegenen Bewerber in seinem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
Zwar sei die eigentliche Wahl des Beigeordneten einer gerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Ausgestaltung des Stellenbesetzungsverfahrens unterliege aber einer gerichtlichen Überprüfung. Hier sei die Grenze zur unzulässigen Voreingenommenheit und damit zur Rechtswidrigkeit des Auswahlverfahrens überschritten worden. Schon bei der Schaffung und Ausgestaltung der Stelle des Beigeordneten habe für die Mehrheit des Gemeinderats festgestanden, dass der jetzt zum Beigeordneten Ernannte die Stelle erhalten solle.
Vorab-Willensbildung im Gemeinderat nicht immer unzulässig
Das BVerwG sieht das anders (Urteil vom 10.04.2025 – 2 C 12.24). Es bestätigt, dass sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Anspruch des Bewerbers auf chancengleiche Ausgestaltung der der Wahl vorgelagerten Verfahrensschritte ergebe. Verfahrensgestaltungen, die ohne sachlichen Grund eine unterschiedliche Behandlung des Bewerberfeldes vorsehen, verletzten den Bewerbungsverfahrensanspruch des benachteiligten Bewerbers. Die Einhaltung des Gebots der Chancengleichheit sei von den Gerichten auch daraufhin zu überprüfen, ob in der Person des (Mit-)Bewerbers gesetzlich bestimmte Voraussetzungen für das Wahlamt vorliegen und ob er ein etwaig zwingendes Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt.
Ausgehend hiervon habe die Stadt den Anspruch auf chancengleiche Ausgestaltung des Bewerbungsverfahrens nicht verletzt. Aus dem Zuschnitt der neu geschaffenen Stelle eines Beigeordneten lasse sich grundsätzlich noch keine "Voreingenommenheit" des Gemeinderats ableiten. Auch eine auf (kommunal-)politischen Erwägungen beruhende Willensbildung im Gemeinderat hält das BVerwG für rechtens, wenn die formalen Anforderungen an ein rechtsstaatliches und dem Grundsatz der Chancengleichheit entsprechendes Verfahren gewahrt werden.