Facebook-Freunde sind keine echten Freundschaften
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Sind Facebook-Freundschaften menschliche Beziehungen? Ein Oberstleutnant hatte bei einer Sicherheitsüberprüfung seine russischen Facebook-Kontakte nicht als "sonstige Beziehungen" angegeben. Das BVerwG pflichtet ihm bei: Online-Freunde seien keine Freunde im Sinne des Gesetzes.

Ein Oberstleutnant verletzt nicht seine Auskunftspflicht nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG), wenn er im Fragebogen zu seinen "sonstige(n) Beziehungen" nicht auch seine Facebook-Kontakte angibt, meint das BVerwG. Das gelte auch, wenn diese einen Bezug zu GUS-Staaten hätten. Gleichwohl könnten solche Kontakte neben vergangenen Likes und Mitgliedschaften in Facebook-Gruppen und familiären Verhältnissen zu einer negativen Sicherheitsbewertung führen. Die Geheimschutzbeauftragten hätten hier einen breiten Ermessensspielraum (Beschluss vom 30.01.2025 – BVerwG 1 WB 7.24).

Dem Beschluss lag die Beschwerde eines Berufssoldaten und Volljuristen zugrunde, der seit März 2021 einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung nach dem SÜG unterlag. Er war mehrmals mit seiner russischen Ehefrau in ihre Heimat gereist und hatte dort eine Eigentumswohnung für seine Schwiegermutter gekauft. Aufgrund seiner Internetkontakte, der hohen fünfstelligen Überweisung nach Russland und der familiären Anbindung dorthin befürchtete der zuständige Geheimschutzbeauftragte, dass sich der Oberstleutnant im Blickfeld eines russischen Nachrichtendienstes befinden könnte.

Im weiteren Verfahren monierte er insbesondere, dass der Oberstleutnant seine 86 Facebook-Kontakte nicht im Fragebogen angegeben hatte, darunter fand sich ein pensionierter General der pakistanischen Armee. Das wiege für die Sicherheitsbeurteilung besonders schwer. Im Rahmen der Beurteilung stellte der Beauftragte dann ein Sicherheitsrisiko beim Volljuristen fest. Man dürfe ihn also nicht mehr mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten betrauen. Seine Beschwerde gegen die Sicherheitsüberprüfung landete schließlich wegen Untätigkeit vor dem BVerwG. Das Gericht stimmte der Sicherheitsüberprüfung im Ergebnis zu, allerdings nicht wegen der unterschlagenen Facebook-Freunde.

Wann ein Kontakt eine "Beziehung" ist

Im Ausgangspunkt pflichtete der 1. Wehrdienstsenat dem Geheimschutzbeauftragten bei: Mache ein Soldat oder eine Soldatin im Überprüfungsfragebogen falsche oder unvollständige Angaben, sei das für die Sicherheitsbeurteilung von besonderem Gewicht. Wäre der Oberstleutnant hier also tatsächlich verpflichtet gewesen, seine Facebook-Kontakte anzugeben, hätte das Auslassen besonders stark für ein Sicherheitsrisiko gesprochen.

So weit gehe die Auskunftspflicht allerdings nicht, so das Gericht. Streitpunkt war Punkt "8.5 Sonstige Beziehungen" des Fragebogens: "Haben Sie, Ihr Ehegatte […] sonstige Beziehungen in einen dieser Staaten [mit Sicherheitsrisiko] oder zu außerhalb des Gebietes dieser Staaten lebenden Vertretern […]?". Zu "sonstigen Beziehungen" in diesem Sinne würden nach einer objektiven Auslegung auch nahe Bekannte gehören, zu denen schon mehrmals erhebliche Kontakte aufgenommen wurden, befand das BVerwG. Besonders vertraut müssten diese auch nicht sein, allerdings seien nur einmalige oder sporadische Begegnungen nicht ausreichend, um von einer Beziehung zu sprechen.

Der Status als Facebook-Freund habe nur zur Folge, dass man die jeweiligen Aktivitäten in Feed, Stories und Fotos sehen könne. Eine tatsächliche Interaktion sei damit nicht automatisch verbunden. Der Oberstleutnant habe zwar gelegentlich mit Facebook-Freundinnen und -Freunden aus riskanten Staaten interagiert; dass hier aber ein intensiverer Kontakt bestand, sei im Verfahren nicht nachgewiesen worden. Für die Kammer war "nicht erkennbar, wie sich aus bloßen Facebook-Freundschaften […] eine Erpressbarkeit des Antragstellers ergeben soll".

"Wladimir Putin Italian Fan Club 2.0", "We love Xi Jinping"

Es konnten somit nicht die vermeintlich unvollständigen Angaben im Fragebogen sein, die den Oberstleutnant in Zweifel zogen. Allerdings gebe es genügend andere Anhaltspunkte für eine Sicherheitsanfälligkeit, die der Geheimschutzbeauftragte – so die Kammer – auch zurecht herangezogen habe.

Neben der Überweisung von 90.000 Euro nach Russland sowie der russischen Staatsangehörigkeit von Ehefrau und Schwiegermutter ging es dabei auch um die vergangenen Internet-Aktivitäten des Oberstleutnants. Sein Account habe verschiedene Bezüge zu russischen Staatsmedien, nahestehenden Communities und pro-russischen Gruppen (z.B. RT Deutsch , "Wladimir Putin Italian Fan Club 2.0", "Bündnis mit Russland", "Fans of Putin"). Außerdem habe er unter anderem Likes für den russischen Verteidigungsminister, Gruppen mit China-Bezug (z.B. "We love Xi Jinping") und "PEGADA- Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes" verteilt. Die Facebook-Freundschaften aus risikobehafteten Ländern wurden hier ebenfalls berücksichtigt.

Da seine Schwiegermutter und weitere Verwandte in Russland lebten und seine Ehefrau die Eigentumswohnung möglicherweise erben könnte, sei der Soldat schon aus familiären Gründen besonders anfällig für Kontaktaufnahmen oder Erpressungen durch russische Geheimdienste, meinte auch das BVerwG. Seine "besondere Offenheit" für russische und chinesische Propaganda und "alternative Medien" seien dafür ein zusätzliches Einfallstor.

Die Internetaktivitäten durften – so die Kammer - auch berücksichtigt werden, obwohl sie teils mehrere Jahre zurücklagen. Dass der Soldat nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Frühjahr 2022 ukrainische Bekannte unterstützt hatte, zeuge zwar von einer gewissen Differenzierung. Trotzdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass er weiterhin offen für propagandistische Positionen sei, wenngleich sich seine Sympathien verschoben haben mochten.

BVerwG, Beschluss vom 30.01.2025 - 1 WB 7.24

Redaktion beck-aktuell, tbh, 2. Mai 2025.

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