Kaum jemand dürfte in seiner Vergangenheit nur Ruhmesblätter aufzuweisen haben, doch Kontakte in die rechtsextreme Szene sind sicherlich keine harmlosen Jugendsünden. Dass eine solche Vergangenheit einen Bundeswehrsoldaten aber gleich zu einem Sicherheitsrisiko macht, wollte das BVerwG in einem aktuellen Beschluss jedoch nicht mitgehen und gab einem Soldaten fürs Erste Recht (Beschluss vom 30.04.2025 - 1 WB 54.23).
Der Mann ist 2016 in die Truppe eingetreten und steht derzeit im Rang eines Hauptfeldwebels. Vor und nach Aufnahme des Dienstes wurde er einer Sicherheitsüberprüfung durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) unterzogen. In seinen Befragungen 2016, 2018, 2019 und 2022 machte er widersprüchliche Angaben über seine Vergangenheit in der rechtsextremistischen Szene und seine Mitgliedschaft in einem Rockerclub, insbesondere über die Dauer der Zugehörigkeit und noch andauernde Kontakte. Inzwischen hat er Kutte und Springerstiefel weggeworfen und ist Mitglied eines Männerchors und der CDU. Auch frühere Gedankenspiele, in die NPD einzutreten, habe er längst aufgegeben, bekundete der Mann. Der Geheimschutzbeauftragte stufte ihn dennoch als Sicherheitsrisiko ein, weil er ihn für unzuverlässig hielt. Der Soldat stellte vor dem BVerwG dagegen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, neuerlich überprüft zu werden – mit Erfolg.
Widersprüche reichen nicht für Zweifel an Verfassungstreue
Das BVerwG hob den Bescheid auf, weil es die Annahme eines Sicherheitsrisikos für fehlerhaft hielt. Die angeführten Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SÜG oder an der Zuverlässigkeit des Soldaten bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG beruhten nicht auf tatsächlichen Anhaltspunkten, sondern nur auf den widersprüchlichen Angaben. Der 1. Wehrdienstsenat ging insoweit von einem Sachverhaltsirrtum des Geheimschutzbeauftragten aus.
Bloß vage Vermutungen oder eine rein abstrakte Besorgnis reichten den Leipziger Richterinnen und Richtern trotz des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter nicht aus, um dem Soldaten eine negative Prognose zu stellen. Dafür hätte der Dienstherr mit konkreten Tatsachen aufwarten müssen. Der Aussage des Soldaten, er stehe heute fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung, sei Glauben zu schenken, da er sich während seiner Zugehörigkeit zur Bundeswehr (immerhin neun Jahre) weder innerhalb noch außerhalb der Truppe verfassungswidrig geäußert oder gar betätigt habe, so der Senat. Außerdem habe er zahlreiche Leumundszeugnisse erbracht.
Die widersprüchlichen Angaben gegenüber dem MAD spiegeln nach Ansicht des BVerwG zwar eine mangelnde Zuverlässigkeit wider, weil er seiner Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage in dienstlichen Angelegenheiten nach § 13 Abs. 1 SG nicht nachgekommen sei. Diese Widersprüche seien allerdings nicht so zahlreich, wie der Geheimschutzbeauftragte angenommen habe, und rechtfertigten auch keine Zweifel an der Verfassungstreue oder an der Loslösung von der rechtsextremen Szene und dem Rockermilieu.