Eilrechtsschutz gegen Ablehnung von Berufsausbildungsbeihilfe begehrt
Der Beschwerdeführer hatte bei der Bundesagentur für Arbeit einen Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe gestellt. Nachdem dieser unter Verweis auf die fehlende Förderungsfähigkeit des Beschwerdeführers abgelehnt worden war und auch der Widerspruch ohne Erfolg blieb, klagte der Beschwerdeführer und beantragte auch vorläufigen Rechtsschutz.
Vorläufige Gewährung der Beihilfe in zweiter Instanz abgelehnt
Das Sozialgericht verpflichtete die Bundesagentur daraufhin, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Berufsausbildungsbeihilfe dem Grunde nach zu gewähren. Auf die Beschwerde der Bundesagentur hob das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg den Beschluss des SG durch den mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Beschluss auf und lehnte den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab.
Vorsitzender des LSG-Senats entschied ohne Begründung allein
Die Entscheidung wurde durch den Vorsitzenden des Senats "in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG" getroffen, der in dringenden Fällen eine Entscheidung des Vorsitzenden allein ermöglicht. Eine Begründung für die entsprechende Anwendung der Norm erfolgte nicht. Vielmehr wurde lediglich inhaltlich darauf eingegangen, weshalb dem Antragsteller kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe zustehe.
BVerfG: Für Eilzuständigkeit erforderliche Dringlichkeit weder offenkundig noch dargelegt
Das BVerfG hat der Verfassungsbeschwerde stattgegeben. Der Beschwerdeführer sei durch den Beschluss des LSG seinem gesetzlichen Richter (Art. 101 GG) entzogen worden. Eine Dringlichkeit, die entgegen der regulären Besetzung des Senats für das Beschlussverfahren mit einem Vorsitzenden und zwei weiteren Berufsrichtern eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden zulasse, sei weder offenkundig noch werde sie in dem angefochtenen Beschluss dargelegt.
Atypischer Fall der Verhinderung hätte begründet werden müssen
Im Zeitpunkt der Fassung des angefochtenen Beschlusses sei die Sache nach Eingang aller wesentlichen Schriftsätze und der Akten sowie Ablauf einer Wiedervorlagefrist jedenfalls seit zwei Wochen entscheidungsreif gewesen, so dass kein Grund dafür ersichtlich sei, dass in diesem Zeitraum die weiteren Senatsmitglieder oder deren Vertreter nicht beteiligt werden konnten. Sollte tatsächlich ein atypischer Fall der Verhinderung vorgelegen haben, hätte es einer entsprechenden Begründung bedurft, so das BVerfG. § 155 Abs. 2 Satz 2 SGG, der eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden eines Senats ermögliche, sei eine Ausnahmevorschrift, die eine sorgsame, einzelfallbezogene und zurückhaltende Anwendung erforderlich macht.
Vorsitzender hätte Vollstreckung aus SG-Beschluss aussetzen können
Gegen eine Dringlichkeit, die eine Entscheidung unter Abweichung von der regulären Besetzung des Senats erlauben würde, spricht nach Ansicht des BVerfG zudem, dass es dem Vorsitzenden möglich gewesen wäre, auf den entsprechend gestellten Antrag der Antragsgegnerin hin die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG durch einstweilige Anordnung auszusetzen. Dies wäre ohne Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder möglich gewesen, hätte einer eventuellen Dringlichkeit abgeholfen und die Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat in der regulären Besetzung offen gehalten, zumal auch eine ungeklärte sozialrechtliche Rechtslage gegen eine Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden gesprochen habe und mit der angenommenen Dringlichkeit zumindest abzuwägen gewesen wäre.