Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen die neuen Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) ab 01.11.2019 abgewiesen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte nicht nur vorläufigen Charakter, heißt es in dem Beschluss von 30.10.2019, der am 31.10.2019 in Karlsruhe veröffentlicht wurde. Die Zielsetzung der Käufe könnte dadurch stark eingeschränkt, womöglich sogar verhindert werden. Außerdem stehe die Entscheidung über mehrere Verfassungsklagen gegen die Käufe kurz bevor (Az.: 2 BvR 980/16, BeckRS 2019, 26290).
Kläger wollen Freistellung der Bundesbank von der Beteiligung
Gegen das Kaufprogramm der EZB läuft seit längerem ein Verfahren in Karlsruhe. Ende Juli wurde bereits eineinhalb Tage verhandelt. Der Eilantrag stammt von einer Gruppe von Klägern, die von dem Finanzwissenschaftler Markus Kerber vertreten wird. Sie wollten erreichen, dass die Bundesbank von der Beteiligung freigestellt wird.
Bis Ende 2018 rund 2,6 Billionen Euro in die Märkte gepumpt
Um Konjunktur und Inflation im Euroraum auf die Sprünge zu helfen, hatte die Notenbank bereits bis Ende 2018 rund 2,6 Billionen Euro in die Märkte gepumpt. Im September kündigte EZB-Präsident Mario Draghi, der Anfang November von Christine Lagarde abgelöst wurde, dann die Wiederaufnahme der Käufe mit monatlich 20 Milliarden Euro an.
Bundesbank ist größter Anteilseigner der EZB
Die Kläger befürchten dadurch schwere Nachteile für die Budgethoheit des Bundestags und die Funktionsfähigkeit der Bundesbank. Diese Sorge teilen die Richter angesichts des bevorstehenden Urteils nicht. Auf der anderen Seite ist die Bundesbank größter Anteilseigner der EZB – fiele sie aus, wäre mit einem Schlag etwa ein Viertel des Kaufvolumens weg. "Ob der Ausfall dieses Anteils ohne Weiteres von den übrigen Mitgliedern des Eurosystems kompensiert werden könnte und würde, ist ungewiss", heißt es dazu in dem Beschluss. Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten der Klagen erlaubt der aktuelle Beschluss aber nicht. Grundsätzlich sehen die Richter die Käufe sehr kritisch.
BVerfG, Beschluss vom 30.10.2019 - 2 BvR 980/16
Redaktion beck-aktuell, 4. November 2019 (dpa).
Aus der Datenbank beck-online
BVerfG, Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich des Ankaufs von Staatsanleihen durch die Bundesbank im Rahmen des PSPP, BeckRS 2019, 26290 (ausführliche Gründe)
EuGH, PSPP-Anleihekaufprogramm der EZB mit EU-Recht vereinbar, BeckRS 2018, 31500
BVerfG, Vereinbarkeit des Anleihenkaufprogramms PSPP der EZB mit dem Grundgesetz, NJW 2017, 3584
EuGH, Verfahrensrecht: Eilanträge gegen das Anleihenkaufprogramm der EZB auch vor dem EuGH gescheitert, EuZW 2017, 910
BVerfG, Vorlage des Verfahrens zum Anleihenkaufprogramm der EZB an den EuGH, NJW 2017, 2894
Aus dem Nachrichtenarchiv
BVerfG verwirft Eilanträge gegen EZB-Anleihenkaufprogramm, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 18.10.2017, becklink 2008091
BVerfG befragt EuGH zu umstrittenen Staatsanleihenkäufen der Europäischen Zentralbank, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 16.08.2017, becklink 2007541
EuGH, Programm der EZB zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen mit EU-Recht vereinbar, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 16.05.2015, becklink 2000302