Rückführung in Herkunftsfamilie?
Die Verfahrensbeiständin eines mittlerweile dreijährigen Kinds wandte sich gegen dessen Rückführung in seine Herkunftsfamilie. Es war in Obhut genommen worden, nachdem die Mutter 2020 eine Therapie in einer psychiatrischen Einrichtung abgebrochen hatte. Dort war unter anderem eine Drogenpsychose festgestellt worden. Beide Elternteile waren langjährige BtM-Konsumenten. Nach der Geburt war es teilweise zu gewalttätigen Auseinandersetzungen des Paars gekommen, auch da sich der psychische Zustand der Frau durch das neue Baby verschlechterte. Der Vater lebte zum Zeitpunkt der Inobhutnahme auf der Straße. Später schaffte er es aber, sich zu stabilisieren. Die Kindsmutter zog wieder mit ihm zusammen. Gleichwohl befürwortete die Gutachterin einen Verbleib in der Pflegefamilie, da sie zu instabil sei und beim Vater die weitere Entwicklung abgewartet werden müsse. Es bestünden auch Bindungen zur Pflegefamilie. Das OLG Koblenz entschied allerdings gegen den Widerstand von Verfahrensbeiständin, Jugendamt und Ergänzungspfleger, dass nach einer Übergangsphase und Therapiemaßnahmen eine Rückführung in den elterlichen Haushalt erfolgen müsse. Die Drogenabstinenz des Mannes und die Bearbeitung des Paarkonflikts rechtfertigten keine weitere Fremdunterbringung.
Schutzanspruch des Kindes
Diese Entscheidung hielt der Prüfung des BVerfG nicht stand. Die 1. Kammer des Ersten Senats sah das Recht des Minderjährigen auf staatlichen Schutz aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt. Bestünden Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr zu den Eltern mit Gefahren für das Kind verbunden sei, müsse das Gericht nachvollziehbar begründen können, warum diese im Einzelfall nicht vorlägen. Dieser Pflicht war das OLG Koblenz nach Ansicht der Verfassungsrichter nicht nachgekommen: Es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Tatsachen es von der Prognose der anderen Beteiligten abgewichen sei. Im Verfahren wegen des vorläufigen Entzugs des Aufenthaltsbestimmungsrechts habe es selbst noch eine Kindeswohlgefährdung angenommen. Die Verfassungsrichter monierten auch die fehlende Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass eine Rückkehr zum Vater zugleich ein Zusammenleben mit der erkrankten Mutter bedeuten würde, die keine Stabilität bieten könne.
Rückführung nach Spanien
In einem weiteren Verfahren verlängerte die 3. Kammer des Ersten Senats (Az.: 1 BvR 1691/22) die Vollstreckungsaussetzung eines Beschlusses des AG Bamberg. Damit erfolgt bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine Übergabe des Kinds an den in Spanien lebenden Vater. Die Verfahrensbeiständin hatte geltend gemacht, dass es fast sein ganzes Leben in Deutschland verbracht habe, den Vater nicht kenne und kein Spanisch spreche.