Vorlagen zum Berliner Wohnraumzweckentfremdungsgesetz unzulässig
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Das Bundesverfassungsgericht hat Vorlagen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zum Berliner Wohnraumzweckentfremdungsgesetz mangels hinreichender Begründung für unzulässig erachtet. Das OVG hatte argumentiert, das Zweckentfremdungsverbot entfalte eine unechte Rückwirkung hinsichtlich Wohnraums, der schon vor Inkrafttreten des Verbots zu anderen Zwecken (in den Ausgangsverfahren als Ferienwohnung) genutzt worden sei, und das Verbot insoweit für verfassungswidrig gehalten.

Negativattests für "Alt-Ferienwohnungen" begehrt

In Berlin steht die Zweckentfremdung von Wohnraum seit Mai 2014 unter dem Vorbehalt einer Genehmigung (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 ZwVbG, § 1 ZwVbVO). Daher darf Wohnraum nur mit Genehmigung als Ferienwohnung vermietet werden. Die Kläger der Ausgangsverfahren vermieten als Eigentümer oder Mieter, teilweise gewerblich, Wohnungen in der Berliner Innenstadt als Ferienwohnungen. Sie vermieteten die Wohnungen auch schon vor  Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots als Ferienwohnungen und wollen diese Nutzung fortsetzen. Sie beantragten daher die Erteilung eines Negativattests nach § 5 ZwVbVO, dass für die Nutzung als Ferienwohnung keine Genehmigung erforderlich ist. Die Anträge wurden abgelehnt. Nach Scheitern der Klagen in erster Instanz legten die Kläger Berufung ein. Das OVG hielt das Verbot für unverhältnismäßig, da es auch vor seinem Inkrafttreten schon als Ferienwohnung genutzten Wohnraum erfasse. Die Regelung entfalte unechte Rückwirkung und sei insoweit mit Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar.

BVerfG: Frage vormaliger planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht behandelt

Das BVerfG hat die Vorlagen mangels hinreichender Begründung für unzulässig erachtet. Das OVG habe weder seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Regelung noch die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ausreichend dargelegt. Es verhalte sich nicht dazu, ob und inwieweit die Nutzung baulicher Anlagen zur Vermietung als Ferienwohnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes nach dem historisch jeweils einschlägigen Bauplanungsrecht in Berlin überhaupt zulässig und damit durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt war. Die Darlegungen des OVG schlössen damit nicht aus, dass die Nutzung als Ferienwohnung bereits bauplanungsrechtlich unzulässig war, also nicht einmal genehmigungsfähig gewesen und ihr daher insoweit kein Bestandsschutz zugekommen sei. Dann bedeutete das Zweckentfremdungsverbot aber keine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, weil Inhalt und Schranken der Eigentumsnutzung bereits durch das Bauplanungsrecht bestimmt gewesen wären und eine solche Nutzung untersagt hätten.

Auch keine Auseinandersetzung mit möglicherweise zerstörtem Vertrauen

Laut BVerfG fehlt es im Hinblick auf die Ausgangsverfahren zum Teil aber auch an der erforderlichen Auseinandersetzung mit einem möglicherweise zerstörten Vertrauen der Kläger. Selbst wenn die Regelung eine unechte Rückwirkung entfaltete, wären jedenfalls hinsichtlich derjenigen Ausgangsverfahren, in denen die Räumlichkeiten erst nach Einbringung des Gesetzesentwurfs über das Zweckentfremdungsverbot in das Berliner Abgeordnetenhaus zur Vermietung als Ferienwohnung genutzt worden seien, für eine Darlegung der Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit Ausführungen dazu erforderlich gewesen, dass überhaupt noch auf den Bestand der bisherigen Rechtslage vertraut werden durfte.

BVerfG, Beschluss vom 29.04.2022 - 1 BvL 2/17

Redaktion beck-aktuell, 1. Juni 2022.