Veröffentlichung und Verbreitung mehrerer Passagen in "Spiegel"-Artikeln untersagt
Die Beschwerdeführerin verlegt unter anderem das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Im Dezember 2016 erschienen im "Spiegel" zwei Beiträge, die sich mit dubiosen Geschäfts- und Steuerpraktiken im Profifußball beschäftigten. In der Januarausgabe 2017 berichtete "Der Spiegel" über die Zustände in einem Heim für jugendliche Flüchtlinge in Norddeutschland. In beiden Fällen untersagte die Pressekammer des Landgerichts Hamburg auf Antrag der Kläger des Ausgangsverfahrens im Wege der einstweiligen Verfügung die Veröffentlichung und Verbreitung mehrerer Passagen der beanstandeten Artikel. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hat das LG den Antragstellern zuvor Hinweise erteilt.
LG lehnte einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ab
Die Verfügungen ergingen in dem einen Fall dreieinhalb Wochen und in dem anderen Fall fünf Wochen nach Antragstellung beim LG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, und somit ohne dass die Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Gegen diese Beschlüsse erhob die Beschwerdeführerin Widerspruch und beantragte die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das LG lehnte die Anträge ab. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügt die Beschwerdeführerin vornehmlich eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und ihrer Rechte auf prozessuale Waffengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG). Das LG hat zwischenzeitlich in beiden Verfahren mündlich verhandelt und durch Urteil entschieden.
BVerfG: Verfassungsbeschwerden sind unzulässig
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung wende, hätten sich die von ihr unmittelbar angegriffenen Beschlüsse zwischenzeitlich erledigt. Ein fortwirkendes Rechtsschutzinteresse bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr. Soweit die Verfassungsbeschwerden so auszulegen seien, dass die Beschwerdeführerin mittelbar eine Verletzung ihrer Grundrechte durch die ihrer Ansicht nach prozessrechtswidrig erlassenen Unterlassungsverfügungen selbst rüge, seien die Verfassungsbeschwerden unzulässig.
Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen Unterlassungsverfügung selbst grundsätzlich möglich
Hinsichtlich der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs sei die Verfassungsbeschwerde deshalb unzulässig, weil eine mögliche Grundrechtsverletzung insoweit mittlerweile geheilt sei. Im Rahmen der später vom LG durchgeführten mündlichen Verhandlung sei ihr rechtliches Gehör gewährt worden. Soweit die Beschwerdeführerin demgegenüber eine Verletzung ihrer Rechte auf prozessuale Waffengleichheit und auf ein faires Verfahren rüge, habe sich dies durch die mündliche Verhandlung vor dem LG nicht erledigt und komme eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Unterlassungsverfügung selbst grundsätzlich in Betracht. Dem stehe nicht entgegen, dass die geltend gemachten Rechtsverletzungen abgeschlossen seien und durch eine Verfassungsbeschwerde nicht mehr beseitigt werden könnten.
Monatsfrist für Verfassungsbeschwerde jedoch bereits abgelaufen
Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass eine Verfassungsbeschwerde insoweit auf ein Fortwirken des Feststellungsinteresses gestützt werden kann. Die Verfassungsbeschwerde sei diesbezüglich jedoch verfristet. Da es keine prozessualen Möglichkeiten gebe, die insoweit geltend gemachten Grundrechtsverletzungen einer fachgerichtlichen Kontrolle zu unterziehen, sei Beginn für den Lauf der Verfassungsbeschwerdefrist der Zeitpunkt der Entscheidung über die einstweilige Verfügung. Danach sei davon auszugehen, dass bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde die hierfür geltende Monatsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.