BGH bestätigte Vergütungspflicht ohne vorherige EuGH-Vorlage
Im fachgerichtlichen Ausgangsverfahren stritt der Digitalverband BITKOM mit der ZPÜ, der VG Wort und der VG Bild-Kunst über einen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs. Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob sich die urheberrechtliche Vergütungspflicht auch auf PCs erstreckt, die unmittelbar an gewerbliche Endkunden veräußert werden. Das Oberlandesgericht München wies die Klage des BITKOM ab und setzte auf Widerklage der Verwertungsgesellschaften einen Gesamtvertrag fest, der auch eine Vergütungspflicht für direkt an gewerbliche Endkunden gelieferte PCs umfasste. Der Bundesgerichtshof wies die hiergegen gerichtete Revision des BITKOM zurück. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Verband eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Der BGH hätte den EuGH zur Auslegung des Art. 5 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2001/29/EG anrufen müssen, so der Verband.
BVerfG: Nichtvorlage wegen Annahme geklärter Rechtslage war vertretbar
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Verband zeige nicht auf, dass der BGH seine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV im Ausgangsverfahren in nicht mehr vertretbarer Weise gehandhabt und durch das Unterlassen der EuGH-Vorlage die Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt hat. Der BGH habe die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV weder grundsätzlich verkannt noch bestünden Anhaltspunkte dafür, dass er in den angegriffenen Entscheidungen ohne Vorlagebereitschaft bewusst von der EuGH-Rechtsprechung abgewichen wäre. Er habe zwar die unionsrechtliche Vorlagepflicht in Erwägung gezogen, aber angenommen, dass die Anwendung der urheberrechtlichen Vergütungsregelung auch auf unmittelbar an gewerbliche Endkunden veräußerte PCs im Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung stehe und die Rechtslage unter Berücksichtigung der bisherigen EuGH-Rechtsprechung geklärt sei. Diese Annahme des BGH sei auch nicht unvertretbar gewesen.
Kennenmüssen abweichender österreichischer Entscheidung nicht dargelegt
Zwar sei angesichts der divergierenden Rechtsprechung des Österreichischen Obersten Gerichtshofs zweifelhaft, ob hinsichtlich einer grundsätzlichen Erstreckung der Vergütungspflicht auf gewerbliche Geräteabnehmer von einer unionsrechtlichen Rechtslage auszugehen ist, die eindeutig oder in einer Weise geklärt sei, die keinen vernünftigen Zweifel offenlasse. Wenn dem in letzter Instanz entscheidenden einzelstaatlichen Gericht das Vorliegen voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen - von Gerichten ein und desselben Mitgliedstaats oder zwischen Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten - zur Auslegung einer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Vorschrift des Unionsrechts zur Kenntnis gebracht werde, müsse es bei seiner Beurteilung der Frage, ob es an einem vernünftigen Zweifel in Bezug auf die richtige Auslegung der fraglichen Unionsrechtsvorschrift fehlt, besonders sorgfältig sein und dabei insbesondere das mit dem Vorabentscheidungsverfahren angestrebte Ziel berücksichtigen, die einheitliche Auslegung des Unionsrechts zu gewährleisten. Hier trage der Verband aber nicht vor, wann die nur kurze Zeit vor der Verkündung des angegriffenen Revisionsurteils ergangene Entscheidung des Österreichischen Obersten Gerichtshofs veröffentlicht worden sei, sodass nicht anzunehmen sei, dass der BGH diese zum maßgeblichen Zeitpunkt der Urteilsverkündung gekannt habe oder sie jedenfalls hätte kennen müssen.
Fragen der Subsumtion nationalen Rechts unter Unionsrecht nicht vorlagefähig
Zudem hat die Kammer klargestellt, dass die ebenfalls aufgeworfene Frage, ob die Generalklauseln im deutschen Recht die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung an einen Anspruch auf Erstattung einer geleisteten Privatkopievergütung erfüllen, als Frage der Subsumtion des nationalen Rechts unter das Unionsrecht schon nach dem Wortlaut des Art. 267 Abs. 1 lit. a AEUV nicht vorlagefähig gewesen sei. Komme das höchste nationale Fachgericht - wie hier der BGH - zu dem Ergebnis, dass das nationale Recht unter Einbeziehung seiner Generalklauseln so ausgelegt werden könne, dass es den unionsrechtlichen Erfordernissen gerecht wird, ergebe sich daraus keine vorlagefähige Rechtsfrage. Einer Vorlage an den EuGH bedürfe es nur, wenn unklar sei, wie die unionsrechtlichen Anforderungen zu verstehen seien.