Sohn eines Münchner Ex-Oberbürgermeisters verlangt Löschung eines Presseberichts
Der Beschwerdeführer, der als Partner einer seinen Familiennamen tragenden Anwaltskanzlei praktiziert, ist Sohn des ehemaligen Münchener Oberbürgermeisters Erich Kiesl (CSU), der das Amt von 1978 bis 1984 bekleidete. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte 1978 ein Porträt über Erich Kiesl veröffentlicht, in dem auch die Namen der fünf Kinder genannt werden. Der Beitrag ist weiterhin im Online-Archiv auffindbar. Beim "Googeln" des Namens des Beschwerdeführers erschienen auf der fünften Seite der angezeigten Suchergebnisse ein Nachweis und eine Verlinkung dieses Berichts. Der Beschwerdeführer möchte nicht öffentlich als Sohn mit dem ehemaligen Oberbürgermeister in Verbindung gebracht werden. Deshalb verklagte er erfolglos die Verlegerin des Magazins, es zu unterlassen, ihn namentlich in dem online vorgehaltenen Bericht zu nennen.
BVerfG: Allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht verletzt
Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers sei nicht verletzt. Es schütze vor einer personenbezogenen Berichterstattung und Verbreitung von Informationen, die die Persönlichkeitsentfaltung erheblich beeinträchtigen könnten. Es gewährleiste jedoch nicht das Recht, öffentlich so wahrgenommen zu werden, wie es den eigenen Wünschen entspreche. Gehe es um Presseberichte in Online-Archiven, seien die gegenläufigen grundrechtlich geschützten Interessen abzuwägen, wobei insbesondere das Interesse der Presse am unveränderten öffentlichen Vorhalten ihrer zulässig veröffentlichten Berichte und das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit an einer fortgesetzten Verfügbarkeit zutreffender Informationen zu berücksichtigen seien.
Interesse der Presse und Öffentlichkeit an vollständigen und unveränderten Online-Archiven
Laut BVerfG genügen die angegriffenen Entscheidungen diesen Vorgaben. Sie erkennten neben dem weiterhin bestehenden Informationswert des archivierten Artikels, den sie in nachvollziehbarer Weise begründeten, auch ein allgemeines Interesse der Presse an, ihre Archive möglichst vollständig und unverändert der Öffentlichkeit verfügbar zu halten.
Kein Vergleich zu Berichten über schwere Straftaten
Dabei nähmen sie - grundrechtlich nicht zu beanstanden - an, dass dem Beschwerdeführer aus der öffentlichen Kenntnis um sein Kindschaftsverhältnis zu dem ehemaligen Oberbürgermeister keine erheblichen negativen Folgen drohen. Insofern gingen sie nachvollziehbar davon aus, dass die aus der Verfügbarkeit des Berichts drohenden Persönlichkeitsbeeinträchtigungen nicht ähnlich schwer wiegen wie bei einer Berichterstattung über schwere Straftaten oder allgemein grob missbilligtes Verhalten.
Wegen nachrangiger Position in Google-Suche keine belastende Wirkung
Eine die Löschung oder Verbergung der persönlichen Daten gebietende Wirkung des Berichts ergebe sich insbesondere auch deshalb nicht, weil dessen Nachweis bei einer Namenssuche durch Internetsuchmaschinen nur auf Position 40 bis 50 erscheint und damit nicht prioritär nachgewiesen wird. Personen, die nicht intensiv recherchierten, würden daher nicht in persönlichkeitsverletzender Weise auf den Bericht und damit auf das Kindschaftsverhältnis zu dem ehemaligen Oberbürgermeister hingelenkt.
Einseitig bestimmte Selbstdefinition durch Allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht gewährleistet
Auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Erschwerungen einer selbstbestimmten Persönlichkeitsentfaltung aufgrund der Kenntnis um die ehemals prominente gesellschaftliche und politische Stellung seines Vaters führten zu keinem anderen Ergebnis. Zwar könne dieser Gesichtspunkt eine selbständige Persönlichkeitsrelevanz für die Kinder prominenter Personen besitzen. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleiste jedoch auch insoweit keine einseitig durch die Betroffenen bestimmte Selbstdefinition.