BVerfG: Richtervorlage gegen Personalüberleitung von Bundesarbeitsagentur auf Optionskommune unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Richtervorlage des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage, ob der in § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelte Personalübergang von der Bundesarbeitsagentur auf kommunale Träger verfassungswidrig ist, für unzulässig erachtet. Das BAG habe die Entscheidungserheblichkeit der Personalüberleitungsbestimmung nicht ausreichend dargelegt (Beschluss vom 21.03.2018, Az.: 1 BvL 1/14).

Ausgangsklägerin rügt Beschäftigungsübergang von Bundesarbeitsagentur auf Landkreis

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war seit langem bei der Bundesagentur für Arbeit angestellt und in unterschiedlichen Aufgabenbereichen - SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) und SGB III (Arbeitsförderung) - leitend eingesetzt. Als der Landkreis im Zuge einer Verwaltungsreform die Aufgaben der Grundsicherung als kommunaler Träger übernahm, wurde ihr mitgeteilt, sie sei nun beim Landkreis beschäftigt. Dem widersprach die Klägerin. Sie wollte weiterhin bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt sein.

ArbG und LAG: Personalüberleitungsbestimmung auf Klägerin nicht anwendbar

Maßgeblich ist insoweit, ob die Regelung des § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 03.08.2010 auf sie Anwendung findet. Darin hat der Gesetzgeber bestimmt, dass Beamte und Arbeitnehmer, die zuvor mindestens 24 Monate die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit nach dem SGB II wahrgenommen haben, in den Dienst einer sogenannten Optionskommune übertreten, die dann die alleinige Trägerschaft im SGB II übernimmt. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gingen davon aus, dass die Klägerin von der Regelung gar nicht erfasst sei, da sie nicht ausschließlich Aufgaben nach dem SGB II wahrgenommen habe.

BAG sah Klägerin erfasst und legte Regelung dem BVerfG vor

Das Bundesarbeitsgericht war hingegen der Ansicht, dass die Klägerin unabhängig vom zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeiten im Bereich des SGB II dem Geltungsbereich der Norm unterfalle. Die Norm beeinträchtige aber das grundrechtlich geschützte Interesse von Beschäftigten, den Arbeitgeber als Vertragspartner des Arbeitsvertrages selbst zu wählen. Das Bundesarbeitsgericht hat dem Bundesverfassungsgericht deshalb die Frage vorgelegt, ob § 6c Abs. 1 Satz 1 SGB II mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar ist.

BVerfG: Entscheidungserheblichkeit nicht ausreichend dargelegt

Das BVerfG hat die Vorlage für unzulässig erachtet. Ein Gericht müsse im Rahmen einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG erläutern, warum die Unwirksamkeit der Norm für seine Entscheidung ausschlaggebend sei. Es müsse insofern auch darlegen, ob und welche Auswirkungen die Norm für seine Entscheidung hat. Laut BVerfG entspricht der Vorlagebeschluss des BAG diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall sei der Umfang der für eine gesetzliche Personalüberleitung nach § 6c Abs. 1 SGB II notwendigen Tätigkeiten im Bereich des SGB II umstritten und ungeklärt.

Angenommene Bedeutungslosigkeit des zeitlichen Aufgabenumfangs widerspricht Willen des Gesetzgebers

Die Annahme des BAG, es komme auf den zeitlichen Umfang der konkret wahrgenommenen Tätigkeiten nicht weiter an, könne die Entscheidung nicht tragen. Sie widerspreche offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers. Dieser habe durch den Übergang von eingearbeitetem und erfahrenem Personal die Qualität der Aufgabenerfüllung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende gewahrt wissen wollen. Für Personalüberleitungsbestimmungen im öffentlichen Dienst sei auch sonst regelmäßig maßgeblich, welche Aufgaben in welchem Umfang getätigt worden seien. Es sei nicht hinreichend dargelegt worden, warum dies hier anders sein sollte.

BVerfG, Beschluss vom 21.03.2018 - 1 BvL 1/14

Redaktion beck-aktuell, 17. April 2018.

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