BVerfG: Rein re­dak­tio­nel­le Ge­set­zes­än­de­run­gen set­zen Ver­fas­sungs­be­schwer­de­frist nicht er­neut in Lauf

Rein re­dak­tio­nel­le Än­de­run­gen eines Ge­set­zes, die den ma­te­ri­el­len Ge­halt und den An­wen­dungs­be­reich einer Norm nicht be­rüh­ren, set­zen die Frist zur Ein­le­gung einer Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht neu in Lauf. Dies hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt mit Be­schluss vom 22.02.2017 be­kräf­tigt und die Ver­fas­sungs­be­schwer­de eines Brand­schutz­dienst­leis­ters, der das Er­for­der­nis der Be­triebs­an­ge­hö­rig­keit von An­ge­hö­ri­gen der Werk­feu­er­wehr im nord­rhein-west­fä­li­schen Brand­schutz-, Hil­fe­leis­tungs-und Ka­ta­stro­phen­schutz­ge­setz (BHKG) ge­rügt hatte, wegen Nicht­ein­hal­tung der Be­schwer­de­frist für un­zu­läs­sig er­ach­tet (Az.: 1 BvR 2875/16).

Brand­schutz­dienst­leis­ter rügte Ver­let­zung der Be­rufs­frei­heit

Die Be­schwer­de­füh­re­rin ist ein Brand­schutz­dienst­leis­ter mit dem Schwer­punkt auf der Über­nah­me von Werk­feu­er­wehr­auf­ga­ben. Sie wen­de­te sich gegen eine im Land Nord­rhein-West­fa­len zum 01.01.2016 in Kraft ge­tre­te­ne Vor­schrift, nach der die An­ge­hö­ri­gen einer Werk­feu­er­wehr dem Be­trieb oder der Ein­rich­tung an­ge­hö­ren müs­sen, für wel­che die Werk­feu­er­wehr ein­ge­rich­tet wor­den ist. Die Be­schwer­de­füh­re­rin rügte mit ihrer Ende des Jah­res 2016 ein­ge­leg­ten Ver­fas­sungs­be­schwer­de im We­sent­li­chen eine Ver­let­zung ihrer Be­rufs­frei­heit. Die Vor­gän­ger­vor­schrift zu der an­ge­grif­fe­nen Re­ge­lung war al­ler­dings be­reits zum 01.03.1998 in Kraft ge­tre­ten.

BVerfG: Be­schwer­de­frist nicht ein­ge­hal­ten

Das BVerfG hat die Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men. Sie sei un­zu­läs­sig, weil sie nicht frist­ge­recht ein­ge­legt wurde. Die Be­schwer­de­frist von einem Jahr (§ 93 Abs. 3 BVerf­GG) be­gin­ne bei Er­he­bung einer Ver­fas­sungs­be­schwer­de gegen eine un­ver­än­dert ge­blie­be­ne Norm nicht des­halb neu, weil der Ge­setz­ge­ber die Be­stim­mung ge­le­gent­lich der Än­de­rung an­de­rer Be­stim­mun­gen des­sel­ben Ge­set­zes er­neut in sei­nen Wil­len auf­ge­nom­men hat. Blei­be die an­ge­grif­fe­ne Norm in­halt­lich un­ver­än­dert oder werde sie rein re­dak­tio­nell an­ge­passt, setze kein neuer Frist­lauf ein. Die Frist werde nur neu in Lauf ge­setzt, wenn die Ge­set­zes­än­de­rung die Ver­fas­sungs­wid­rig­keit der an­ge­grif­fe­nen Norm be­grün­det oder ver­stärkt.

Vor­schrift le­dig­lich re­dak­tio­nell, nicht in­halt­lich ge­än­dert

Laut BVerfG be­gann die Jah­res­frist nach die­sen Grund­sät­zen mit dem In­kraft­tre­ten der an­ge­grif­fe­nen Re­ge­lung zum 01.01.2016 nicht neu zu lau­fen. Denn der Lan­des­ge­setz­ge­ber habe mit der Neu­re­ge­lung zwar den Wort­laut der Vor­schrift ge­gen­über der Vor­gän­ger­vor­schrift aus dem Jahr 1998 ge­än­dert. Eine in­halt­li­che Än­de­rung liege darin aber nicht. Die Ende des Jah­res 2016 er­ho­be­ne Ver­fas­sungs­be­schwer­de habe die Frist des § 93 Abs. 3 BVerf­GG daher nicht ge­wahrt. Selbst eine in ihrem Wort­laut un­ver­än­dert ge­blie­be­ne Vor­schrift könne zwar dann er­neut mit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de an­ge­grif­fen wer­den, wenn sie durch die Än­de­rung an­de­rer Vor­schrif­ten der­art in ein neues ge­setz­li­ches Um­feld ein­ge­bet­tet werde, dass auch von der An­wen­dung der äl­te­ren Vor­schrift neue be­las­ten­de Wir­kun­gen aus­ge­hen kön­nen. Eine sol­che Än­de­rung des ge­setz­li­chen Um­felds liege hier je­doch nicht vor.

BVerfG, Beschluss vom 22.02.2017 - 1 BvR 2875/16

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2017.

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