BVerfG prüft Normenkontrollklagen gegen Zensus 2011

Das Bundesverfassungsgericht hat am 24.10.2017 mündlich über die Normenkontrollanträge der Stadtstaaten Berlin und Hamburg gegen den Zensus 2011 verhandelt. Dabei verteidigte das verantwortliche Bundesinnenministerium die als zu ungenau kritisierte Volkszählung. Der Zensus hatte in den beiden Städten deutlich geschrumpfte Einwohnerzahlen ergeben. Damit verlieren sie viele Millionen an Zuwendungen aus dem Länderfinanzausgleich.

Regierung: Bestmögliches Erhebungsverfahren genutzt

"Aus Sicht der Bundesregierung war der Zensus 2011 erfolgreich und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden", sagte Staatssekretär Klaus Vitt vor dem BVerfG. In einem freien Land könne die Einwohnerzahl nie ganz exakt ermittelt werden. Es sei immer nur eine Annäherung möglich. Dafür sei das beste damals verfügbare Verfahren genutzt worden.

Berlin und Hamburg sehen sich durch registergestützte Erhebung benachteiligt

Der Zensus 2011 erfolgte im Wege der registergestützten Erhebung: Bei dem Zensus wurde erstmals nur ein kleinerer Teil der Bürger befragt. In erster Linie nutzten die Statistiker vorliegende Meldedaten. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg sehen sich durch das Erhebungsverfahren benachteiligt und fordern, dass Teile der Zensus-Gesetze für unvereinbar mit dem Grundgesetz und nichtig erklärt werden. Welche Konsequenzen das hätte, ist unklar.

Unterschiedliche Bereinigungsmethoden für kleine und größere Gemeinden gerügt

Seit der Wiedervereinigung waren die Einwohnerzahlen immer nur fortgeschrieben worden. Der Zensus brachte nach der langen Zeit einige Überraschungen. Zentrales Ergebnis war, dass in Deutschland gut 1,5 Millionen Menschen weniger leben als angenommen. Aus Sicht der Kläger tragen die großen Städte die Hauptlast, weil die Statistiker die Meldedaten hier mit einem anderen Verfahren bereinigt haben als in den kleinen Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern.

Berlin und Hamburg beklagen hohe finanzielle Einbußen

Berlin entgehen derzeit 470 bis 490 Millionen Euro pro Jahr, wie Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) vor Verhandlungsbeginn sagte. "Es fehlt an allen Ecken und Enden." Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) sprach von einer finanziellen Belastung von mehr als 100 Millionen Euro. "Es geht natürlich auch darum, dass ab sofort der Schaden nicht Jahr für Jahr größer wird."

Redaktion beck-aktuell, 25. Oktober 2017 (dpa).

Mehr zum Thema