BVerfG: Notariatsreform in Baden-Württemberg mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar

Die Reform des Notariatswesens in Baden-Württemberg, die zum 01.01.2018 einen Systemwechsel vom Amtsnotariat hin zum Notariat zur hauptberuflichen Amtsausübung vorsieht, verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24.02.2017 entschieden und die Verfassungsbeschwerde eines Bezirksnotars nicht zur Entscheidung angenommen (Az.: 2 BvR 2524/16).

Amtsnotariat in Baden-Württemberg

Das Notariatswesen im Bundesgebiet wird geprägt durch hauptberufliche Notare und sogenannte Anwaltsnotare, die neben ihrer Tätigkeit als Notar auch als Rechtsanwalt tätig sind. Beide Berufsgruppen sind als selbstständige freiberufliche Unternehmer tätig. Davon abweichend wird in Baden-Württemberg ein Großteil der Aufgaben durch Notare im Landesdienst erledigt: Im badischen Landesteil durch Notare mit der Befähigung zum Richteramt und im württembergischen Landesteil durch sogenannte Bezirksnotare. Bezirksnotare werden nach Abschluss einer fünfjährigen Ausbildung zu Beamten ernannt, nach beamtenrechtlichen Grundsätzen besoldet und führen Anteile am Gebührenaufkommen, das sie erwirtschaften, an das Land Baden-Württemberg ab.

Notariatsreform: Systemwechsel zum Notariat zur hauptberuflichen Amtsausübung

Mit der Reform des Notariats strebt das Land Baden-Württemberg zum 01.01.2018 einen Systemwechsel an, um die Rechtszersplitterung im Land selbst und gegenüber dem restlichen Bundesgebiet zu bereinigen. Im Zuge der Notariatsreform wurde den Notaren im Landesdienst die Möglichkeit eröffnet, auf eigenen Antrag zu Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung bestellt zu werden, was mit einem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zum Land Baden-Württemberg verbunden ist. Die Notare, die im Landesdienst verbleiben wollen, werden zukünftig mit Aufgaben der freiwilligen Gerichtsbarkeit betraut und verlieren ihre Beurkundungsbefugnis.

Bezirksnotar wehrt sich gegen drohende Aufgabenentziehung

Der Beschwerdeführer ist seit 1996 Bezirksnotar im Dienst des Landes Baden-Württemberg. Ein Ausscheiden aus dem Landesdienst zur Bestellung als freiberuflicher Notar lehnte er ab. Die von ihm vor dem Verwaltungsgericht erhobene Feststellungsklage sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg blieben ohne Erfolg. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendete sich der Beschwerdeführer unmittelbar gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und mittelbar gegen die angestrebte Reform des Notariats.

BVerfG: Notariatsreform mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sei jedenfalls unbegründet. Die mit der Notariatsreform bezweckte Rechtsvereinheitlichung sei mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Die Ausübung von Beurkundungstätigkeiten durch Bezirksnotare zähle nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Es stehe im Ermessen des Staates, die Aufgabe der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Gerichten anzuvertrauen, besondere Behörden für sie einzurichten, sie hauptamtlichen Notaren zu übertragen oder den Rechtsanwälten zur nebenberuflichen Amtsausübung zu überlassen.

Recht auf amtsangemessene Beschäftigung durch Entzug der Beurkundungstätigkeit nicht verletzt

Ferner werde der Beschwerdeführer durch einen Entzug der Beurkundungstätigkeit und der verbleibenden Tätigkeit in den der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordneten Feldern des Betreuungs- und Nachlasswesens nicht in seinem grundrechtsgleichen Recht auf eine amtsangemessene Beschäftigung aus Art. 33 Abs. 5 GG verletzt, so das BVerfG weiter. Zwar möge es sein, dass das mit der Beurkundungsfunktion verbundene gesellschaftliche Ansehen wegfällt. Solchen Besonderheiten des bisherigen Aufgabenbereichs des dem Beamten übertragenen Amts komme aber keine das Ermessen des Dienstherrn bei der Änderung des Aufgabenbereichs einschränkende Wirkung zu. Im Ergebnis werde das statusrechtliche Amt des Bezirksnotars nicht berührt. Denn weder die Zugehörigkeit zur Laufbahn, noch die Besoldungsgruppe, noch die verliehene Amtsbezeichnung würden verändert.

Grundsatz des Vertrauensschutzes durch Stichtagsregelung nicht verletzt

Das BVerfG sieht auch den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, der in Art. 33 Abs. 5 GG eine besondere Ausprägung erfahren habe, nicht verletzt. Die Stichtagsregelung sei nicht zu beanstanden. Gewichtiger Gesichtspunkt, der für eine Strukturreform zu einem Stichtag spreche, sei der Nachteil einer andauernden Überleitung. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit käme es zu Mischstrukturen, die organisatorisch kaum zu bewältigen und für die Bürger nur schwer zu durchschauen wären. Damit trage der Gesetzgeber vorrangig den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege Rechnung. Der Gesetzgeber habe dabei die verfassungsrechtliche Spannungslage nicht einseitig zu Lasten der Bezirksnotare und zugunsten der Steigerung der Strukturreform aufgelöst.

BVerfG, Beschluss vom 24.02.2017 - 2 BvR 2524/16

Redaktion beck-aktuell, 9. März 2017.

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