BVerfG lehnt Eilantrag gegen Verbot von Corona-Protestcamps ab
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© Bernd von Jutrczenka / dpa

Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot einer Dauermahnwache von Protestgegnern der Corona-Politik bestätigt. Einen gegen das Verbot gerichteten Eilantrag lehnte es als unzulässig und unbegründet ab. Bei seiner Abwägung berücksichtigte Karlsruhe bereits Erfahrungen von den Corona-Demonstrationen am Samstag in Berlin, bei denen das Hygienekonzept des Veranstalters gescheitert war und zur Auflösung der Versammlung geführt hatte.

14 tägige Dauermahnwache geplant

Die Dauermahnwache war in Berlin vom 30. August bis zum 14. September geplant. Sie sollte zum Protest gegen staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie auf der Straße des 17. Juni stattfinden. Das vom Antragsteller vorgelegte Hygienekonzept setzte unter Verzicht auf das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen auf eine konsequente Einhaltung der gebotenen Mindestabstände. Diese sollten insbesondere durch den Einsatz von Ordnern und Deeskalationsteams sichergestellt werden. Das VG Berlin hatte das geplante Protestcamp zunächst unter Einhaltung hygienischer Auflagen erlaubt. Auf die Beschwerde der Berliner Polizei bestätigte das OVG Berlin-Brandenburg das Verbot der Versammlungsbehörde. Dagegen wandten sich die Anmelder des Camps mit einen Eilantrag.

Eilantrag bereits unzulässig

Aus Sicht des BVerfG war der Eilantrag wegen des Grundsatzes der Subsidiarität bereits unzulässig. Der Antragsteller hätte zunächst erneut "fachgerichtlichen Eilrechtsschutz" suchen müssen. Nachdem das Verbot vom OVG bestätigt worden sei, habe er seine ursprüngliche Anmeldung des Camps konkretisiert und damit einen neuen Sachverhalt geschaffen, über den das OVG noch nicht entschieden habe. Der fachgerichtliche Rechtsschutz wurde daher noch nicht ausgeschöpft, so die 1. Kammer des Ersten Senats.

Eilantrag "überdies unbegründet"

Der Antrag sei "überdies auch unbegründet", so die Richter weiter. Durch ein solches Camp sei eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten. Die Veranstaltungsteilnehmer würden die aus Gründen des Infektionsschutzes gebotenen Mindestabstände nicht einhalten. Zum Schutz vor Infektionsgefahren könne auch ein Versammlungsverbot ausgesprochen werden, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stünden. Eine Folgenabwägung habe zum Nachteil des Antragstellers ergeben, dass es zu dem Verbot des geplanten Camps keine anderen Mittel zur Gefahrenabwehr gegeben habe. Er habe nicht darlegen können, dass er sein Hygienekonzept mit Blick auf "nunmehr vorliegende Erfahrungen" einer tags zuvor durchgeführten Versammlung angepasst habe. Er habe auch nicht dargelegt, wie sein auf "eine an einem einzelnen Tag stattfindende Versammlung" zugeschnittenes Konzept nunmehr über 14 Tage realisierbar sei.

Abwägung zwischen Versammlungsfreiheit und Gesundheitsschutz

Das BVerfG grenzt sich damit in einigen Punkten von den Entscheidungen des VG Berlin und des OVG Berlin-Brandenburg ab, die das Verbot der Demonstrationen vom Samstag gekippt hatten. Sie hatten Versammlungen nach der SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin als grundsätzlich zulässig angesehen. Hierbei nehme der Verordnungsgeber - wie die fehlende Obergrenze der Teilnehmerzahl zeige - ein erhöhtes Infektionsrisiko in gewissem Umfang in Kauf. Die Abwägung zwischen der Versammlungsfreiheit und dem Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung durch das BVerfG ging anders als beim VG und OVG im Verfahren zu den "Hygiene-Demos" vom Samstag zu Lasten des Veranstalters aus.

Auswirkungen für künftige Demonstrationen

In ersten Einschätzungen hieß es, der Beschluss aus Karlsruhe dürfte das Verbot von Demonstrationen in Zukunft erleichtern. Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigte indes vor dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses an, für Demonstrationen in Berlin künftig eine generelle Maskenpflicht einzuführen. Auf Twitter teilte er mit, er werde in Absprache mit der Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) dem Senat vorschlagen, die Infektionsschutzverordnung entsprechend anzupassen: "Mund-Nasen-Schutz tragen soll auf Versammlungen verpflichtend werden." Die aktuelle Verordnung schreibt das bisher nicht vor.

BVerfG, Beschluss vom 30.08.2020 - 1 BvQ 94/20

Redaktion beck-aktuell, 31. August 2020 (ergänzt durch Material der dpa).