Die bekannte Umweltaktivistin wurde gezielt als einzige Person kontrolliert, während der Zug etwa 80 Kilometer vom hessischen Dannenröder Forst entfernt hielt - dort wurde zu dieser Zeit gegen die Rodung des Forsts für den Autobahnausbau protestiert, Protestteilnehmer kletterten auf Bäume und besetzten sie. Die Polizei befürchtete, die Aktivistin, die sich schon an vielen Klima- und Kletteraktionen beteiligt hatte, würde sich den Protesten im Dannenröder Forst anschließen. Die Bundespolizisten stellten die Personalien der Aktivistin fest, durchsuchten ihre Sachen und stellten im Rucksack gefundene Kletterutensilien sicher.
Gegen einen Teil dieser Polizeimaßnahmen ging die Aktivistin mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage beim VG vor. Dafür beantragte sie Prozesskostenhilfe, die VG und VGH ihr versagten. Der VGH verwies auf fehlende Erfolgsaussichten der Klage, die Maßnahmen seien rechtmäßig gewesen – polizeiliche Erkenntnisse hätten die Gefahrenprognose gerechtfertigt.
VGH durfte Gefahrenannahme im PKH-Verfahren nicht auf gespeicherte Polizeidaten stützen
Das BVerfG hat den VGH nun gerüffelt und die Sache auf die Verfassungsbeschwerde der Aktivistin zurückverwiesen (Beschluss vom 30.10.2023 - 1 BvR 687/22). Es moniert, dass der VGH die Anforderungen an die im PKH-Verfahren zu prüfenden Erfolgsaussichten der Klage überspannt habe. Dadurch habe der VGH den Anspruch der Aktivistin auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Für die Annahme eines Gefahrenverdachts und einer Gefahr habe es im summarischen Verfahren keine ausreichende tatsächliche Grundlage gegeben. Das BVerfG merkt insbesondere an, dass der Zug vor Kontrolle bereits an Bahnhöfen gehalten habe, die näher am Dannenröder Forst gelegen hätten.
Der VGH habe auch nicht im summarischen Verfahren annehmen dürfen, die Frau habe jederzeit an Verkehrsknotenpunkten im Bundesgebiet durchsucht werden dürfen, weil es sich um eine polizeibekannte Aktivistin handele – das hätte einer vertieften Erörterung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. Stütze sich die Polizei für Grundrechtseingriffe auf Polizeidatenbanken, dürften die Gerichte nicht ohne Weiteres unterstellen, dass die Speicherung und Verwendung der Daten rechtmäßig seien. Bei einem gezielten Herausgreifen einer Person aufgrund gespeicherter Daten müssten sie dies grundsätzlich prüfen.