Gaststättenschließungen durch Corona-Bundesnotbremse waren verfassungskonform
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In einer weiteren Entscheidung zur Corona-Bundesnotbremse hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23.03.2022 auch die Schließung von Gaststätten als eine der damals vorgesehenen Maßnahmen bei Greifen der Notbremse als verfassungskonform bestätigt. Die Maßnahme sei zur Pandemiebekämpfung verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum auch insoweit nicht überschritten.

Restaurantbetreiberin sah Berufsfreiheit durch Bundesnotbremse verletzt

Die Regelungen zur Bundesnotbremse wurden durch das Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eingeführt und galten befristet vom 23.04.2021 bis zum 30.06.2021. Die Bundesnotbremse griff bei Überschreiten eines Werts von 100 Corona-Neuinfektionen je 100.000 Einwohner an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt. Gemäß § 28b IfSG a. F. kam es dann zu gesetzesunmittelbaren Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens. So verbot § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG a. F. die Öffnung von Gaststätten, Speiselokalen und ähnlichen Betrieben. Erlaubt blieben nur die Auslieferung und außerhalb der Nachtstunden der Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken. Gegen diese Regelung wandte sich eine Restaurantbetreiberin aus Berlin, wo die Bundesnotbremse zwischen dem 24.04. und dem 18.05.2021 griff. Sie rügte insbesondere eine Verletzung ihres Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

BVerfG: Gaststättenschließung durch Bundesnotbremse war verfassungsgemäß

Das BVerfG (Az.: 1 BvR 1295/21) hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 IfSG a. F. habe zwar in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen, sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig gewesen. Der Schutz von Gesundheit und Leben sei ein legitimer Zweck, dessen Verfolgung selbst schwere Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen könne. Die Schließung von Gaststätten sei zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich gewesen. Der Senat verweist insoweit auf seine Entscheidung vom 19.11.2021 (Bundesnotbremse I). Die angegriffene Regelung sei auch angemessen gewesen.

Dynamisches Infektionsgeschehen erforderte Handeln

Sie habe zwar erheblich in die Berufsfreiheit eingegriffen, auch wenn der Eingriff durch die Ausnahme des Außer-Haus-Verkaufs und der Auslieferung von Speisen und Getränken sowie durch die staatlichen Hilfsprogramme gemildert worden sei. Angesichts des dynamischen Infektionsgeschehens im April 2021 habe aber ein dringlicher Handlungsbedarf zum Schutz der überragend bedeutsamen Rechtsgüter Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems bestanden. Dabei sei der grundsätzliche Ansatz, den Schutz dieser Gemeinwohlbelange primär durch Maßnahmen der Kontaktbeschränkung an Kontaktorten zu erreichen – wozu auch die Schließung von Gaststätten zu zählen sei – verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Regelung angesichts Befristung, Ausnahmen und Hilfsprogrammen angemessen

Ger Gesetzgeber habe einen verfassungsgemäßen Ausgleich zwischen dem Eingriff in Grundrechte und entgegenstehenden Belangen gefunden. Hier sei der Wirtschaftszweig der Gastronomie insgesamt stark belastet worden. Durch die Befristung und die am jeweiligen örtlichen Pandemiegeschehen ausgerichtete Differenzierung sei die Belastung durch die angegriffene Regelung aber begrenzt und bewirkt worden, dass die Regelung faktisch in keinem Gebiet Deutschlands die Höchstdauer von zwei Monaten erreichte. Ein teilweiser Ausgleich der Belastungen sei zudem durch die in der Regelung verankerte weiterhin bestehende Möglichkeit zum Außer-Haus-Verkauf und der Lieferung von Speisen und Getränken geschaffen worden. Darüber hinaus seien die wirtschaftlichen Auswirkungen der angegriffenen Regelung durch die von der Bundesregierung aufgelegten Hilfsprogramme gedämpft worden.

BVerfG, Beschluss vom 23.03.2022 - 1 BvR 1295/21

Redaktion beck-aktuell, 10. Mai 2022.