Ers­ter Eil­an­trag zum Teil-Lock­down schei­tert vor BVerfG
kino_corona_lockdown_CR Fotostand K Schmitt pa
© Fotostand / K. Schmitt / picture alliance
kino_corona_lockdown_CR Fotostand K Schmitt pa

Bun­des­weit kla­gen Re­stau­rants, Ho­tels, Kinos und Fit­ness­stu­di­os gegen den Teil-Lock­down im No­vem­ber - jetzt hat sich erst­mals das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu den an­ge­ord­ne­ten Schlie­ßun­gen ge­äu­ßert. Die Karls­ru­her Rich­ter wie­sen den Eil­an­trag eines baye­ri­schen Film­thea­ters mit Re­stau­rant zu­rück. Trotz schwe­ren Grund­rechts­ein­griffs gelte mo­men­tan: Im Zwei­fel hat der Le­bens- und Ge­sund­heits­schutz Vor­rang.

Schlie­ßun­gen Teil eines grö­ße­ren Ge­samt­kon­zepts

Die Ge­fah­ren der Co­ro­na-Pan­de­mie seien "wei­ter­hin sehr ernst zu neh­men", ar­gu­men­tiert das BVerfG. Es könne nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass auch Gas­tro­no­mie­be­trie­be zum In­fek­ti­ons­ge­sche­hen bei­trü­gen. Die Rich­ter ver­wei­sen au­ßer­dem dar­auf, dass die Schlie­ßun­gen Teil eines grö­ße­ren Ge­samt­kon­zepts seien und der Staat zum Ge­sund­heits- und Le­bens­schutz grund­ge­setz­lich ver­pflich­tet sei. Diese Be­ur­tei­lung dürf­te auch für wei­te­re Eil­ent­schei­dun­gen zum Teil-Lock­down ma­ß­geb­lich sein.

Klä­ge­rin konn­te Un­ter­halts­kos­ten nicht mehr de­cken

Ge­klagt hatte die Ge­schäfts­füh­re­rin eines Kinos mit sie­ben Sälen, zu dem auch ein Re­stau­rant ge­hört. Wegen der zwangs­wei­sen Schlie­ßung habe sie der­zeit nur noch Ein­nah­men aus Miet­erträ­gen, die die Un­ter­halts­kos­ten nicht deck­ten. Ein Lie­fer­dienst für Essen, wie er noch er­laubt wäre, lohne auf­grund der Kon­kur­renz­si­tua­ti­on nicht.

Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht of­fen­sicht­lich un­be­grün­det

Die drei mit der Ent­schei­dung be­fass­ten Rich­ter hal­ten die nur hin­sicht­lich des Gas­tro­no­mie­be­triebs zu­läs­si­ge Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht für of­fen­sicht­lich un­be­grün­det. Der Frau werde die Be­rufs­aus­übungs­frei­heit im We­sent­li­chen un­ter­sagt. "Dies wird ins­be­son­de­re nach Ma­ß­ga­be der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit zu recht­fer­ti­gen sein müs­sen." An­ge­sichts der Ge­fah­ren durch ein un­ge­hin­der­tes In­fek­ti­ons­ge­sche­hen gebe es dafür zwar "gute Grün­de", heißt es in dem Be­schluss. "Ob diese letzt­lich ge­nü­gen, um den ver­fas­sungs­recht­li­chen An­for­de­run­gen stand­zu­hal­ten, be­darf je­doch ein­ge­hen­der Prü­fung."

Fol­gen­ab­wä­gung im Eil­ver­fah­ren

Im Eil­ver­fah­ren klär­te das Ge­richt daher in einer Fol­gen­ab­wä­gung, was schlim­me­re Fol­gen hätte: Die Maß­nah­me jetzt irr­tüm­li­cher­wei­se zu kip­pen oder sie in Kraft zu las­sen und sie sich spä­ter als rechts­wid­rig her­aus­stellt? Hier über­wiegt für die Rich­ter klar "das In­ter­es­se am Schutz von Leben und Ge­sund­heit". Die Ur­sa­chen für den bun­des­wei­ten An­stieg der In­fek­tio­nen seien dif­fus, auch das Frei­zeit­ver­hal­ten spie­le eine Rolle. Wür­den ein­zel­ne Maß­nah­men des Teil-Lock­downs außer Kraft ge­setzt, be­stehe die Ge­fahr, die Aus­brei­tung des Virus nicht ein­däm­men zu kön­nen. Der Staat sei "nicht ge­hal­ten, eine sol­che Ent­wick­lung hin­zu­neh­men". Bei der Ent­schei­dung spiel­ten auch die Be­fris­tung bis Ende No­vem­ber und die in Aus­sicht ge­stell­ten Wirt­schafts­hil­fen für be­trof­fe­ne Be­trie­be eine Rolle.

Frage des Ki­no­be­triebs muss zu­nächst vor den VGH

Wegen des un­ter­sag­ten Ki­no­be­triebs hätte die An­trag­stel­le­rin zu­nächst beim Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof kla­gen und den zu­läs­si­gen Rechts­weg aus­schöp­fen müs­sen. Da sie dies nicht getan habe, sei die Klage in­so­weit un­zu­läs­sig. Zur Gas­tro­no­mie gebe es be­reits eine VGH-Ent­schei­dung in einem an­de­ren Fall. Des­halb habe die Klä­ge­rin sich in die­sem Punkt di­rekt an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt wen­den dür­fen.

BVerfG, Beschluss vom 11.11.2020 - 1 BvR 2530/20

Redaktion beck-aktuell, 13. November 2020 (dpa).

Mehr zum Thema