BVerfG: Eilantrag gegen Berliner Mietendeckel gescheitert

Mehrere Vermieter sind mit einen Antrag auf eine vorläufige Außerkraftsetzung der Vorschriften des Berliner Mietendeckels gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag nach Vornahme einer Folgenabwägung mit Beschluss vom 10.03.2020 abgelehnt. Den Vermietern entstünden mit Blick darauf, dass der Mietendeckel bei einer vorläufigen Außerkraftsetzung erheblich an Wirkung verlöre, keine deutlich überwiegenden Nachteile (Az.: 1 BvQ 15/20).

Vorläufige Außerkraftsetzung der Bußgeldbewehrung des Mietendeckels beantragt

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) verbietet es im Land Berlin, höhere Mieten als im laufenden Mietverhältnis am 18.06.2019 geschuldet oder als bei Neu- beziehungsweise Wiedervermietung nach dem 18.06.2019 vereinbart zu fordern. Bei Neu- oder Erstvermietung von Wohnraum ist ab Inkrafttreten des Gesetzes eine Miete verboten, die bestimmte Höchstgrenzen übersteigt. Ab dem 23.11.2020 ist darüber hinaus in allen Mietverhältnissen eine Miete verboten, die die Höchstgrenzen um mehr als 20% übersteigt und nicht im Einzelfall genehmigt wurde. Vermieter sind verpflichtet, Mietern sowie Behörden Auskunft über die am 18.06.2019 für die jeweilige Wohnung geschuldete Miete beziehungsweise die zur Berechnung der Mietobergrenzen maßgeblichen Umstände zu erteilen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 MietenWoG Bln sind Verstöße gegen diese Vorgaben als Ordnungswidrigkeiten definiert und können mit Bußgeldern belegt werden. Die Antragstellenden sind Vermieter in Berlin und beantragen, diese Vorschrift vorläufig außer Kraft zu setzen.

BVerfG: Keine deutlich überwiegenden Nachteile für die Vermieter

Das BVerfG hat den Eilantrag nach Vornahme einer Folgenabwägung abgelehnt. Die beabsichtigte Verfassungsbeschwerde sei weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Jedenfalls die Frage, ob das Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz für die hier umstrittenen Regelungen zu Mietobergrenzen besessen habe, müsse als offen bezeichnet werden. Die erforderliche Folgenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Die für die Vermieter mit der vorläufigen Anwendbarkeit der Norm verbundenen Nachteile überwögen nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit die Nachteile, die mit einem vorläufigen Wegfall der Bußgeldbewehrung für die Wirksamkeit des Gesetzes insgesamt einhergingen. Im Fall eines Antrags auf Außervollzugsetzung eines Gesetzes müssten die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe ein besonderes Gewicht haben.

Nachteile für Vermieter zwar gewichtig

Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später jedoch als begründet, seien die Nachteile, die sich aus der vorläufigen Anwendung der Bußgeldvorschriften ergäben, zwar von besonderem Gewicht, so das BVerfG. So liege in der Belegung mit einer Geldbuße eine nachdrückliche Pflichtenmahnung und eine förmliche Missbilligung der Betroffenen. Auch könne die Geldbuße in Höhe von bis zu 500.000 Euro eine empfindliche Belastung darstellen. Dabei liege die Verantwortung für die Kenntnis der sanktionierten Pflichten, die Erfassung ihrer Bedeutung im Einzelfall und die Ableitung der sich aus ihnen ergebenden Folgen bei den Vermietern. Mit einer Geldbuße würden vorsätzliche und fahrlässige Fehlentscheidungen belegt. Insoweit verbinde sich die Wahrnehmung ihrer Eigentumsrechte mit dem Risiko persönlicher Sanktionen.

Vermieter haben aber ausreichend Vorbereitungszeit

Laut BVerfG ist demgegenüber allerdings zu berücksichtigen, dass das Gesetz auf Kriterien abstelle, die den Vermietern bereits bekannt seien. Die für den Anwendungsbereich des Gesetzes und für die Berechnung der zulässigen Miethöhe maßgeblichen Umstände hätten weitgehend schon bislang zur Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 Abs. 2 BGB in den Berliner Mietspiegel Eingang gefunden. Zudem unterliege die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit dem Opportunitätsprinzip. Von der Verhängung eines Bußgelds könne daher insbesondere dann abgesehen werden, wenn erkennbar überforderte Vermieter tatsächlich nur fahrlässig gehandelt haben. Schließlich gelte das Verbot des Forderns oder Entgegennehmens einer nach § 5 MietenWoG Bln unzulässigen Miete erst ab dem 23.11.2020, denn die Kappung der Bestandsmieten trete erst neun Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft. Vermieter hätten damit Zeit, um sich mit den neuen Vorgaben vertraut zu machen. Entgegen dem Vorbringen der Antragstellenden sei auch nicht erkennbar, dass Vermieter jenseits des durch § 11 Abs. 1 Nr. 4 MietenWoG Bln sanktionierten Forderns und Entgegennehmens einer unzulässigen Miete daran gehindert wären, sich für den Fall der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes oder Teilen desselben bei Neuvermietungen eine höhere Miete versprechen zu lassen und ihnen deshalb ein irreversibler Schaden entstehen könnte.

Vorläufige Außerkraftsetzung nähme Mietendeckel Wirksamkeit

Würde dagegen die einstweilige Anordnung erlassen und erwiese sich das Gesetz später als verfassungsgemäß, entfiele die Bußgeldbewehrung. Das ließe zwar die in den §§ 3 ff. MietenWoG Bln geregelten Verbote und Pflichten selbst unberührt. Mieter könnten sich gegen die Verletzung von Auskunftspflichten und gegen überhöhte Mietverlangen grundsätzlich auch zur Wehr setzen und es wäre ein behördliches Einschreiten möglich. Doch entfiele mit der vorläufigen Außerkraftsetzung der Bußgeldbewehrung der Druck, sich entsprechend dem Gesetz zu verhalten. Es stehe zu befürchten, dass Vermieter sich dann nicht an das Gesetz halten werden, was die Antragstellenden auch unumwunden einräumen. Die Wirksamkeit des Gesetzes wäre also deutlich gemindert. Zudem dürften Mieter - und sei es nur aus Unwissenheit - vielfach davon absehen, ihre Rechte zu verfolgen. Auch eine behördliche Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten erforderte in Anbetracht von etwa 1,5 Millionen betroffener Wohnungen einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Die Durchsetzbarkeit des Gesetzes litte ohne die Bußgeldbewehrung daher erheblich.

Weiterer Eilantrag und Verfassungsbeschwerde gescheitert

Mit weiteren Beschlüssen vom 10.03.2020 hat das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidungen angenommen und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Beschwerdeführenden hätten nicht hinreichend dargetan, dass sie in ihren Grundrechten verletzt seien (Az.: 1 BvR 475/20) beziehungsweise dass ihnen durch die angegriffenen Regelungen des Gesetzes ein schwerer Nachteil entstehe (Az.: 1 BvR 515/20).

BVerfG, Beschluss vom 10.03.2020 - 1 BvQ 15/20

Redaktion beck-aktuell, 12. März 2020.