BVerfG: Eilanträge gegen Änderung der Parteienfinanzierung unzulässig

Die Anträge der AfD-Bundestagsfraktion auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Änderung der Parteienfinanzierung bleiben erfolglos. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat diese mit Beschluss vom 12.03.2019 als unzulässig verworfen. Die Fraktion hatte die Aussetzung des Vollzugs des zugrunde liegenden Gesetzes bis zu einer Entscheidung über ihre Anträge im Organstreitverfahren (Az.: 2 BvE 5/18) und hilfsweise einen Vorbehalt der Rückerstattung für die Auszahlung der den politischen Parteien zusätzlich zu gewährenden staatlichen Mittel beantragt. Im Organstreitverfahren könne aber grundsätzlich weder eine Entscheidung über die Gültigkeit einer Norm getroffen, noch eine Handlungsverpflichtung des Präsidenten des Deutschen Bundestages angeordnet werden, erläuterte das BVerfG (Az.: 2 BvQ 91/18).

Neuregelung sieht Anhebung des Gesamtvolumens staatlicher Mittel vor

Der am 05.06.2018 von den Regierungsfraktionen vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze sah vor, das Gesamtvolumen der staatlichen Mittel, die den anspruchsberechtigten Parteien gemäß § 18 Abs. 2 PartG jährlich insgesamt ausgezahlt werden (absolute Obergrenze), ab dem Jahr 2019 von 165 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro anzuheben. Der Gesetzentwurf wurde am 08.06.2018 erstmals im Plenum des Bundestages beraten und federführend an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Aufgrund eines vorab gefassten Beschlusses vom 06.06.2018 hörte der Ausschuss am 11.06.2018 fünf Sachverständige zu dem Gesetzentwurf an. Am 13.06.2018 legte er einen Bericht vor und empfahl, den Gesetzentwurf inhaltlich unverändert zu beschließen. Am 15.06.2018 erfolgten die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag. In der anschließenden Schlussabstimmung wurde er angenommen. Das Gesetz wurde am 10.07.2018 vom Bundespräsidenten ausgefertigt und am 13.07.2018 im Bundesgesetzblatt verkündet. Mit dem Hauptantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte die Antragstellerin die Aussetzung des Vollzugs des Gesetzes. Hilfsweise beantragte sie, dass die Auszahlung der nach diesem Gesetz den politischen Parteien zusätzlich zu gewährenden staatlichen Mittel unter dem Vorbehalt der Rückerstattung erfolgt.

Erlass einstweiliger Anordnung im Organstreit grundsätzlich ausgeschlossen

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei regelmäßig unzulässig, wenn das BVerfG eine entsprechende Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren nicht bewirken könnte, erläuterte das BVerfG. Demgemäß komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreit, welche die vorläufige Unanwendbarkeit einer Norm oder die Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten zum Gegenstand hat, grundsätzlich nicht in Betracht. Das BVerfG stelle im Organstreit lediglich fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung gegen eine Bestimmung des Grundgesetzes verstößt. Kassatorische oder rechtsgestaltende Wirkung komme der Entscheidung im Organstreit nicht zu.

Nur vorläufige Sicherung streitigen organschaftlichen Rechts kommt in Betracht

Insbesondere könne das BVerfG im Organstreit weder eine Entscheidung über die Gültigkeit einer Norm treffen noch eine Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten aussprechen. Diene der Organstreit damit allein der Klärung der Rechte der Staatsorgane im Verhältnis zueinander und nicht einer allgemeinen Verfassungsaufsicht, sei dies bei der Bestimmung des zulässigen Inhalts eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Organstreitverfahren zu beachten. Gegenstand eines solchen Antrags könne allein die vorläufige Sicherung des streitigen organschaftlichen Rechts des Antragstellers sein, damit es nicht im Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch die Schaffung vollendeter Tatsachen überspielt werde.

Anträge auf in Organstreitverfahren nicht zu bewirkende Rechtsfolgen gerichtet

Nach diesen Maßstäben haben die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach der Entscheidung des BVerfG keinen Erfolg. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag seien im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht statthaft, weil sie nicht der vorläufigen Sicherung der Beteiligungsrechte der Antragstellerin im Gesetzgebungsverfahren dienten und auf Rechtsfolgen gerichtet seien, die im Organstreitverfahren nicht bewirkt werden könnten.

Vorläufige Sicherung von Beteiligungsrechten nicht möglich

Der Hauptantrag sei in der Sache auf die Feststellung der Nichtigkeit der Novellierung des Parteiengesetzes gerichtet. Für eine derartige Nichtigerklärung sei aber im Organstreit regelmäßig kein Raum. Der Statthaftigkeit des Hauptantrags stehe zudem entgegen, dass durch die Suspendierung des Vollzugs des Parteiengesetzes eine vorläufige Sicherung der Beteiligungsrechte der Antragstellerin im Gesetzgebungsverfahren nicht erreichbar sei. Mit der Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze im Bundesgesetzblatt sei das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen. Eine vorläufige Sicherung von Beteiligungsrechten könne daher nicht mehr bewirkt werden.

Auch Hilfsantrag unzulässig – anderer Adressat

Auch der Hilfsantrag sei nicht auf die vorläufige Sicherung der Beteiligungsrechte der Antragstellerin im Verfahren zur Änderung des Parteiengesetzes gerichtet, da ein Vorbehalt der Rückerstattung der an anspruchsberechtigte Parteien ausgezahlten staatlichen Mittel hierfür ohne Belang sei. Der Antrag ziele vielmehr auf eine Handlungsverpflichtung des Präsidenten des Deutschen Bundestages, dem gemäß § 19a PartG die Festsetzung der Höhe der an jede anspruchsberechtigte Partei jährlich auszuzahlenden staatlichen Mittel obliege. Abgesehen von dem Umstand, dass Adressat der mit dem Hilfsantrag begehrten einstweiligen Anordnung damit nicht der Antragsgegner, sondern ein von diesem zu unterscheidender Dritter wäre, stehe deren Erlass jedenfalls entgegen, dass sie auf eine Handlungsverpflichtung gerichtet ist, die das BVerfG im Hauptsacheverfahren nicht anordnen könnte.

BVerfG, Beschluss vom 12.03.2019 - 2 BvQ 91/18

Redaktion beck-aktuell, 20. März 2019.