Bushido mit Verfassungsbeschwerde gegen "Sonny Black"-Indizierung gescheitert
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© Filip Singer / EPA-EFE

2015 wurde Bushidos Album "Sonny Black" als jugendgefährdend auf den Index gesetzt – jetzt ist auch seine Verfassungsbeschwerde dagegen gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Indizierung des Musikalbums verletze Bushido nicht in seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, so das BVerfG.

Album "Sonny Black" 2015 als jugendgefährdend indiziert

2014 erschien das Album "Sonny Black" von Bushido. Die CD enthält 15 Titel, deren Texte ganz überwiegend von Bushido stammen. Die namensgebende Figur des Albums soll zugleich ein Alias des Rappers sein. 2015 setzte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien das Album nach § 18 Abs. 1 JuSchG auf den Index. Damit verbunden ist das Verbot, das Album gegenüber Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, es zu bewerben und zu verbreiten. Die Begründung lautete, die Texte des Albums wirkten verrohend, verherrlichten einen kriminellen Lebensstil, insbesondere den Drogenhandel, und diskriminierten Frauen und homosexuelle Menschen. Dagegen zog Bushido vor Gericht. Der Streit ging bis zum Bundesverwaltungsgericht, das die Indizierung 2019 bestätigte. Dagegen legte Bushido Verfassungsbeschwerde ein, mit der vornehmlich eine Verletzung seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG rügte. Der Eingriff in die Kunstfreiheit durch die Indizierung sei nicht gerechtfertigt, weil die zugrunde liegenden Vorschriften verfassungswidrig seien und zudem in verfassungswidriger Weise angewandt worden sei.

BVerfG: Kunstfreiheit nicht verletzt - §§ 15, 18 JuSchG verfassungskonform

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, sie habe keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des BVerwG verletzten Bushido nicht in seiner Kunstfreiheit. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 15, 18 JuSchG ergäben sich insbesondere nicht aus dem Argument, aufgrund eines veränderten Musiknutzungsverhaltens über das Internet sei das aktuelle Indizierungsverfahren nicht mehr geeignet, den Jugendschutz umfassend zu gewährleisten. Gleiches gelte für das Argument, das Jugendschutzgesetz müsse als milderes Mittel gegenüber der Indizierung eines gesamten Trägermediums auch die Indizierung nur einzelner Titel vorsehen. Denn für die Verhältnismäßigkeit komme es im Rahmen der Eignung nicht darauf an, dass das vom Gesetzgeber gewählte Mittel am besten geeignet sei, einen umfassenden Jugendschutz zu gewährleisten, sondern lediglich auf die Förderung des legitimen Zwecks des Jugendschutzes durch die Indizierung. Auch an der Erforderlichkeit eines Indizierungsverfahrens, das auf den jugendgefährdenden Gesamtcharakter eines Trägermediums abstelle, bestünden verfassungsrechtlich keine Zweifel. Für die Angemessenheit spreche, dass Bushido nicht jugendgefährdende Titel einzeln veröffentlichen könne.

Fehlende Distanzierung von frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Passagen

Auch die Entscheidung des BVerwG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bundesprüfstelle und BVerwG hätten in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der schwerwiegende Eingriff in die Kunstfreiheit durch die Indizierung gerechtfertigt sei. Die vom BVerwG bestätigte Abwägung der Bundesprüfstelle sei verfassungsrechtlich nicht zu bemängeln. Maßgeblich für die Entscheidung der Bundesprüfstelle, hier dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit Vorrang einzuräumen, sei die nachvollziehbare Erwägung, dass sich Bushido in dem indizierten Album von den dem Wortlaut nach unbestritten frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht etwa durch Verfremdung oder satirische Überspitzung oder gar ausdrücklich distanziert hat. Dass es sich bei den Texten um im Genre des "Gangsta-Rap" typische Wortspielereien handeln solle, die keinen Realitätsbezug aufwiesen, sei jedenfalls nicht ohne Weiteres erkennbar. Durch die Bezugnahme auf autobiografische Details und durch das künstlerische Konzept von "Sonny Black" als Alias seiner selbst stärke Bushido im Gegenteil die Identifikation mit diesem Charakter und dessen Verhalten.

Kinder und Jugendliche könnten Texte ernst nehmen und Taten nachahmen

Der Argumentation in einem von Bushido beauftragten Privatgutachten, eine werkgerechte Interpretation zeige, dass alles nur Fiktion sei und "Sonny Black" ein lyrisches Ich, dessen Aussagen "Gangsta-Rap"-Rezipienten einzuordnen wüssten, hält das BVerfG die eindeutig abwertenden Begriffe und klar gewaltverherrlichenden Aussagen entgegen. Die Texte ließen auch erkennen, dass Bushido die Möglichkeit einer solchen Rezeption bewusst sei und er sein künstlerisches Wirken auch darauf anlege. Insofern dürfe die Abwägung nicht allein auf werkgerechter Interpretation beruhen, sondern müsse auch die realen Auswirkungen eines Kunstwerks berücksichtigen. Die angegriffenen Entscheidungen stützen sich insoweit auf Erkenntnisse dazu, dass Kinder und Jugendliche den Wortlaut der Texte ernst nehmen, die besungenen Worte adaptieren, Taten nachahmen und dem Alias "Sonny Black" insgesamt als Vorbild nacheifern können. Das sei verfassungsrechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden.

BVerfG, Beschluss vom 20.10.2022 - 1 BvR 201/20

Redaktion beck-aktuell, 2. Dezember 2022.