Verbale und körperliche Auseinandersetzungen nach Fußballspiel
Der Beschwerdeführer besuchte 2006 als Anhänger des FC Bayern München als 16-Jähriger ein Spiel gegen den MSV Duisburg im dortigen Stadion. Nach dem Ende des Spiels kam es zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen mit Anhängern des MSV Duisburg, wobei Personen- und Sachschäden entstanden. In der Folge wurden etwa 50 Personen, darunter der Beschwerdeführer, zur Feststellung der Personalien in polizeilichen Gewahrsam genommen.
Verbot gestützt auf Hausrecht und "Stadionverbots-Richtlinien"
Gegen den Beschwerdeführer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs eingeleitet. Daraufhin sprach der MSV Duisburg auf Anregung des örtlichen Polizeipräsidiums ein bundesweites Stadionverbot bis Juni 2008 aus. Er handelte insoweit im Namen des Deutschen Fußballbundes, des Ligaverbandes sowie sämtlicher Vereine der Fußball-Bundesliga, die sich für die Festsetzung solcher Verbote sowie zur Inhaberschaft des Hausrechts und Ausübung eines Hausverbots über ihre jeweiligen Spielstätten wechselseitig bevollmächtigt hatten. Gestützt wurde dies auf das Hausrecht und die "Stadionverbots-Richtlinien" des Deutschen Fußball-Bundes in der damals gültigen Fassung.
Ermittlungsverfahren eingestellt
Das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wurde später wegen Geringfügigkeit gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Dennoch entschied der Verein ohne Anhörung des Beschwerdeführers, das festgesetzte Stadionverbot aufrechtzuerhalten. Der FC Bayern München schloss den Beschwerdeführer in der Folgezeit aus dem Verein aus und kündigte dessen Jahreskartenabonnement.
Beschwerdeführer fühlt sich in seinen Grundrechten verletzt
Der Beschwerdeführer klagte daraufhin auf Aufhebung des bundesweiten Stadionverbots und stellte nach Erledigung des ursprünglichen Klagebegehrens seinen Klageantrag im Berufungsverfahren auf einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verbots um. Klage und Berufung sowie die Revision zum Bundesgerichtshof blieben erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte dadurch, dass er ohne tragfähige Erklärung und Begründung allein aufgrund eines bloßen Verdachts vom Stadionbesuch ausgeschlossen worden sei.
Ausstrahlungswirkung auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen
Wie das BVerfG erläuterte, sei das Stadionverbot am Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Zur Begründung hierfür hat es angeführt, dass sich zwar auch nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip entnehmen lasse, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Mittelbare Drittwirkung würde der allgemeine Gleichheitssatz aber dann entfalten, wenn einzelne Personen mittels des privatrechtlichen Hausrechts von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, die von Privaten aufgrund eigener Entscheidung einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden und wenn der Ausschluss für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet. Die Veranstalter dürften hier ihre Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen.
Besorgnis künftiger Störungen ausreichend
Verfassungsrechtlich sei unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte einen sachlichen Grund zur Verhängung eines Stadionverbots schon in der begründeten Besorgnis sehen, dass von einer Person die Gefahr künftiger Störungen ausgeht. Angesichts des berechtigten Interesses der Stadionbetreiber an einem störungsfreien Verlauf der Fußballspiele und ihrer Verantwortung für die Sicherheit von Sportlern und Publikum bedürfe es hierfür nicht der Erweislichkeit vorheriger Straftaten oder rechtswidrigen Handelns. Es reiche, dass sich die Besorgnis künftiger Störungen durch die Betroffenen auf konkrete und nachweisliche Tatsachen von hinreichendem Gewicht stützen lässt, betonte das BVerfG.
Anhörung und Begründung erforderlich
Mit dem Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Verhängung eines Stadionverbots würden sich verfahrensrechtliche Anforderungen verbinden. Insbesondere müssten die Stadionbetreiber die ihnen zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen. Dazu gehöre jedenfalls grundsätzlich die vorherige Anhörung der Betroffenen, erläuterte das BVerfG. Auch sei die Entscheidung auf Verlangen zu begründen, um den Betroffenen die Durchsetzung ihrer Rechte zu ermöglichen.