Ausschluss der Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig
I R 80/12

Eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ist in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG nicht vorgesehen. Das verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, entschied das BVerfG auf Vorlage des BFH. Verfassungskonform auslegen lasse sich die Regelung nicht.

Der Gesetzgeber muss nun rückwirkend für Übertragungsvorgänge ab 2001 nachbessern. Die bisherige Regelung bleibt bis dahin anwendbar, muss aber auch für Wirtschaftsguttransfers zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gelten.

§ 6 Abs. 5 S. 3 EStG ermöglicht in bestimmten Fällen die Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert. Die Wirtschaftsgüter werden damit steuerneutral übertragen, ohne dass etwaige stille Reserven aufgedeckt werden. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Personengesellschaften, an denen dieselben Gesellschafter im gleichen Verhältnis beteiligt sind (beteiligungsidentische Personengesellschaften), wird in der Vorschrift nicht genannt. Im Gesetzgebungsverfahren wurde dies zwar mehrfach diskutiert, aber nicht umgesetzt.

Der BFH sah in der unterschiedlichen Behandlung einen Gleichheitsverstoß. Allerdings waren der I. und der IV. BFH-Senat unterschiedlicher Ansicht darüber, ob § 6 Abs. 5 EStG verfassungskonform ausgelegt werden kann: Der IV. Senat hielt das für möglich, der I. Senat sah das anders und rief im Ausgangsfall das BVerfG an: Eine KG hatte zwei bebaute Betriebsgrundstücke an eine Schwester-KG mit identischer Personenbeteiligung zum Buchwert veräußert. Das Finanzamt meinte, dies habe zur vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven geführt, und besteuerte sie. Die Sache ging vor Gericht.

Keine verfassungskonforme Auslegung, Ausschluss nicht gerechtfertigt

Das BVerfG teilt die Ansicht des I. BFH-Senats und hat entschieden, dass § 6 Abs. 5 S. 3 EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil danach Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert übertragen werden können (Beschluss vom 28.11.2023 2 BvL 8/13). Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG hält das BVerfG nicht für möglich, auch nicht des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG, der die "Überführung" zwischen zwei Betriebsvermögen erfasst und den der IV. BFH-Senat für anlog anwendbar hielt. Das BVerfG führt den Wortlaut und den gesetzgeberischen Willen an. Auch eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG schließt es aus: Dies würde die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle, nachdem das Thema mehrfach im Gesetzgebungsverfahren diskutiert worden sei.

Gegen eine Ungleichbehandlung der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften lasse sich nicht anführen, durch vertragliche Gestaltungen lasse sich die Besteuerung stiller Reserven vermeiden, da mögliche Optionen missbräuchlich sein könnten und auch erhebliche Nachteile mit sich brächten. Das BVerfG sieht für die Ungleichbehandlung auch keine einleuchtenden Gründe, die sie rechtfertigten könnten. Was die Ungleichbehandlung gegenüber Wirtschaftsguttransfers zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen (§ § 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG) angehe, weist es darauf hin, dass auch die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften die Leistungsfähigkeit der Gesellschafter nicht erhöhe.

Ferner solle – wie die Systematik der Regelung zeige – nicht der Rechtsträgerwechsel an sich, sondern die Verlagerung stiller Reserven deren Aufdeckung rechtfertigen. An einer Verlagerung stiller Reserven fehle es bei Wirtschaftsgutübertragungen zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften aber. Der Zusammenschluss mehrerer natürlicher Personen zur gemeinsame Einkünfteerzielung könne für sich genommen die Ungleichbehandlung ebenfalls nicht rechtfertigen, solange es beim Konzept der Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmer bleibe. Auch das Argument der Missbrauchsvermeidung greife nicht. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften typischerweise mit dem Ziel übertragen würden, missbräuchlich Steuervorteile zu erlangen.

Was die Ungleichbehandlung gegenüber den in § 6 Abs. 5 S. 3 EStG genannten Wirtschaftsguttransfers im Kreis der Mitunternehmerschaft angehe, sieht das BVerfG ebenfalls keinen Rechtsfertigungsgrund. Die bezweckte Erleichterung von Umstrukturierungen in Personenunternehmen tauge dazu nicht. Außerdem leuchte auch nicht ein, weshalb die Einzelschritte einer mit Risiken behafteten Buchwertübertragung über eine Kombination der durch § 6 Abs. 5 S. 3 EStG begünstigten Wirtschaftsguttransfers jeweils zum Buchwert vorgenommen werden können, eine Direktübertragung aber stille Reserven aufdecken solle.

BVerfG, Beschluss vom 28.11.2023 - 2 BvL 8/13

Redaktion beck-aktuell, hs, 12. Januar 2024.