Verfassungsbeschwerde im Fall "Oury Jalloh" gescheitert

Im Fall des Asylbewerbers Oury Jalloh, der 2005 in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt ist, hat das Bundesverfassungsgericht der Beschwerde seines Bruders gegen das Einstellen der Ermittlungen nicht zur Entscheidung angenommen. Zwar stehe dem Mann ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung zu. Diesem trage der Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg von 2019 jedoch hinreichend Rechnung, welcher die Einstellung bestätigt.

Generalstaatsanwaltschaft sah keine Ermittlungsfehler

2012 war ein Dienstgruppenleiter in dem Fall wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. 2017 leitete die ortsansässige Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau gegen zwei weitere Polizeibeamte ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes ein. Die mit den weiteren Ermittlungen beauftragte Staatsanwaltschaft Halle lehnte es aber ab, weitere Ermittlungen gegen Polizeibeamte oder andere Personen einzuleiten beziehungsweise weitere Ermittlungen zur Todesursache anzustrengen. Daraufhin wurde die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt angewiesen, eine eigenständige und gegebenenfalls durch weitere Ermittlungen gestützte Bewertung der Geschehnisse zu treffen. Deren Ergebnisse fasste die Generalstaatsanwaltschaft in einem 218 Seiten umfassenden Prüfvermerk zusammen, der die Rechtmäßigkeit der bisherigen Aufarbeitung bestätigte.

Beschwerdeführer moniert Verletzung des Rechts auf effektive Strafverfolgung

Die gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Halle erhobene Beschwerde wies die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg unter Bezugnahme auf diesen Prüfvermerk zurück. Den dagegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung verwarf das OLG Naumburg als unzulässig und führte aus, weshalb der Antrag nicht den in § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO gestellten Anforderungen entspreche und die Generalstaatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht zutreffend verneint habe. Mit seiner Verfassungsbeschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, in seinem Recht auf effektive Strafverfolgung, willkürfreie Entscheidung, effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör verletzt zu sein.

BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht an

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer sei nicht in seinem grundrechtlichen Anspruch auf effektive Strafverfolgung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verletzt. Das OLG habe die Anforderungen an das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts nicht überspannt. Es habe hinreichend dargelegt, dass es ungeachtet einer möglichen Brandlegung durch den Verstorbenen selbst, für eine Brandlegung von anderer Seite jedenfalls an einem hinreichenden Tatverdacht gegen einen konkreten Beschuldigten fehle. Die Strafermittlungsbehörden hätten umfassend in alle Richtungen ermittelt und sich ebenso wie das Gericht mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gegenargumenten im Einzelnen auseinandergesetzt. Sie hätten nachvollziehbar dargelegt, warum weitere Ermittlungen nicht aussichtsreich seien.

OLG-Beschluss verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Der OLG-Beschluss verletze auch nicht das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Das OLG habe sich mit der Beweislage eingehend und in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auseinandergesetzt; seine Auffassung, wonach die Generalstaatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht zu Recht verneint habe, beruhe auf einem sachlichen Grund. Auch die Annahme des OLG, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO entspricht, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so dass auch keine Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG vorliege. Schließlich habe das OLG auch nicht gegen das Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Es sei nicht erkennbar, dass es Vortrag des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen hätte.

BVerfG, Beschluss vom 21.12.2022 - 2 BvR 378/20

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2023 (ergänzt durch Material der dpa).