Bettensteuer mit dem Grundgesetz vereinbar
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Die sogenannte Bettensteuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben ist verfassungskonform. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und vier Verfassungsbeschwerden von Hotelbetreibern aus Hamburg, Bremen und Freiburg zurückgewiesen. Das BVerfG unterstreicht, dass der Gesetzgeber beruflich veranlasste Übernachtungen von der Aufwandbesteuerung ausnehmen könne, dies aber nicht müsse.

Bettensteuer seit 2005 in zahlreichen Städten und Gemeinden eingeführt

Seit 2005 haben zahlreiche Städte und Gemeinden die sogenannte Bettensteuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben eingeführt. Sie beläuft sich meist auf einen niedrigen Prozentsatz des Übernachtungspreises (Nettoentgelt) und wird in der Regel vom Übernachtungsgast (Steuerträger) bei der Buchung oder der Anmeldung im Beherbergungsbetrieb erhoben. Der Beherbergungsbetrieb ist Steuerschuldner und führt die Übernachtungsteuern an das Finanzamt ab. Seit einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli 2012 (BeckRS 2012, 56153) nehmen deutschlandweit sämtliche Übernachtungsteuergesetze beruflich veranlasste Übernachtungen von der Steuer aus. Vier Hotelbetreiber aus Hamburg, Bremen und Freiburg klagten ohne Erfolg gegen Steueranmeldungen bzw. gegen eine kommunale Übernachtungssteuersatzung.

BVerfG: Länder für Bettensteuer gesetzgebungsbefugt

Die Verfassungsbeschwerden hatten keinen Erfolg. Die Länder seien befugt gewesen, eine Bettensteuer einzuführen. Es handele sich dabei um örtliche Aufwandsteuern im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig seien. Steuergegenstand sei jeweils der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb. Dieser von den Übernachtungsgästen betriebene Aufwand werde bei den Beherbergungsbetrieben als Steuerschuldner erhoben (indirekte Steuererhebung). Die Übernachtungsteuer sei damit auf Abwälzung auf die Konsumenten angelegt. Die Bettensteuer sei weder der Umsatzsteuer noch einer anderen bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig. Es handele es sich weder um flächenartige Umsatzsteuern auf Landes- oder Kommunalebene noch sei der Aufwand einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb bisher durch eine spezielle Steuer des Bundes belegt. Demnach bestehe keine Sperrwirkung für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Die Einführung der Bettensteuer verletze hier auch nicht die Grenzen rechts- und bundesstaatlicher Kompetenzausübung, da sie keine Lenkungswirkung habe und die Landesgesetzgeber ihre Rechtsetzungskompetenz nicht missbraucht hätten.

Grundsatz der gerechten Lastenverteilung gewahrt

Laut BVerfG sind die Steuern auch materiell verfassungsgemäß. Der mit der Besteuerung verbundene Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG sei gerechtfertigt, weil die Ausgestaltung der Steuerregelungen die Anforderungen des Gleichheitsgrundrechts (Art. 3 Abs. 1 GG) wahre und die Beschwerdeführerinnen nicht unverhältnismäßig belaste. Die Bestimmung der Beherbergungsbetriebe zu Steuerschuldnern verletze nicht den Grundsatz der gerechten Lastenverteilung. Die indirekte Erhebung der Steuern bei den Beherbergungsbetrieben sei im Sinn einer gleichheitsgerechten Steuererhebung nachvollziehbar und nicht willkürlich. Die Beherbergungsbetriebe stünden in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand, denn sie leisteten einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands der Übernachtung. Die Übernachtungsteuer sei zudem auf Abwälzung angelegt. Die Beschwerdeführerinnen könnten die Übernachtungsteuer ohne Weiteres von den Übernachtungsgästen, die aus nicht-beruflichem Anlass übernachten, vereinnahmen.

Ausnahme für berufliche Übernachtungen zulässig, aber nicht notwendig

Auch die Ausnahmen von der Besteuerung für beruflich veranlasste Übernachtungen seien mit dem Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Bei den Ausnahmetatbeständen handele es sich um Abweichungen von der - mit der Wahl des Steuergegenstandes "entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben" - einmal getroffenen Belastungsentscheidung, die ihrerseits am Gleichheitssatz zu messen seien. Danach könne ein Normgeber die berufliche Veranlassung als Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung bei der Aufwandbesteuerung wählen und für die Berufsausübung zwingend erforderliche Übernachtungen von der Besteuerung ausnehmen, um etwa der (lokalen) Wirtschaftsförderung zu dienen. Der Gesetzgeber sei aber nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen dazu gezwungen, von einer Besteuerung beruflich veranlasster Übernachtungen abzusehen. Die angegriffenen Vorschriften litten auch nicht an einem mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren strukturellen Erhebungs- und Vollzugsdefizit. Dass die faktischen Erhebungsschwierigkeiten, die aus der Steuerausnahme für zwingend beruflich veranlasste Übernachtung resultierten, derart in den angegriffenen Regelungen angelegt seien, dass das Recht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt wäre, sei angesichts der Nachweis-, Haftungs- und Sanktionsregelungen nicht ersichtlich.

Zusätzlicher Aufwand für Hotelbetreiber zumutbar

Auch der Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen aus Art. 12 Abs. 1 GG durch deren Indienstnahme als Zahlstelle für die Übernachtungsteuer sei gerechtfertigt, so das BVerfG weiter. Eine für die Beschwerdeführerinnen weniger belastende Bestimmung zum Steuerentrichtungspflichtigen stelle kein gleich geeignetes Mittel dar, da die Haftung als Steuerschuldner für die Durchsetzung der Steuerpflicht offensichtlich effektiver sei. Eine direkte Erhebung bei den Übernachtungsgästen wäre nicht praktikabel. Den Beschwerdeführerinnen sei es insgesamt zumutbar, die Steuererhebung durch ihre Mitwirkung zu ermöglichen. Durch die Pflichten insbesondere zur Steueranmeldung sowie zur Abführung der Steuer entstehe ihnen zwar ein zusätzlicher, allein der Übernachtungsteuer geschuldeter Aufwand. Diese zusätzlichen Pflichten im Besteuerungsverfahren stellten aber eine unternehmenstypische Tätigkeit dar, die über ähnliche Belastungen des Melderechts und des Umsatzsteuerrechts nicht hinausgehe.

Künftig Bettensteuer in mehr Gemeinden?

Viele Städte und Gemeinden, die bisher keine Bettensteuer haben, dürften nun prüfen, ob sich für sie eine Einführung lohnt. Geschäftsreisenden kann es passieren, dass künftig auch sie zahlen müssen. Was wo sinnvoll sei, lasse sich nicht pauschal beantworten, sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. "Klar ist: Die Übernachtungssteuern leisten aktuell in vielen Städten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der Tourismusinfrastruktur." Nach einer groben Schätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds verschaffte die Bettensteuer den Kommunen vor Ausbruch der Corona-Pandemie Einnahmen von bundesweit rund 80 bis 100 Millionen Euro im Jahr. Und viele Städte und Gemeinden seien wegen ihrer schlechten Finanzlage gezwungen, jede mögliche Steuer zu erheben. Die Hotels appellieren unterdessen an die Kommunen, die Karlsruher Entscheidung "nicht als Ermunterung zu verstehen". Die Beherbergungsbetriebe seien wichtige Leistungsträger vor Ort und müssten sich nun zuallererst von der Pandemie erholen, mahnt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) mit dem Hotelverband Deutschland. "Da ist es absolut kontraproduktiv in Zeiten hoher Inflation und explodierender Energiepreise jetzt über neue Belastungen der Hotels und ihrer Gäste nachzudenken." Anfang 2019 erhoben 30 Kommunen eine Bettensteuer, darunter Berlin, Flensburg, Schwerin, Münster, Erfurt und Dresden. Inzwischen wird davon ausgegangen, dass es mehr als 40 sind. Nach Dehoga-Angaben von vor drei Jahren wurden Bettensteuern in ungefähr 60 Städten und Gemeinden "gerichtlich aufgehoben, ausgesetzt, politisch abgelehnt oder abgeschafft". Nicht zu verwechseln ist die Bettensteuer mit der Kurtaxe, die nur von anerkannten Erholungsorten erhoben werden darf und zweckgebunden ist.

BVerfG, Beschluss vom 22.03.2022 - 1 BvR 2868/15

Redaktion beck-aktuell, 17. Mai 2022 (ergänzt durch Material der dpa).