"Alt-Infizierter" scheitert mit Verfassungsbeschwerde gegen Corona-Ausnahmenverordnung
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Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines "Alt-Infizierten", dessen Corona-Infektion mehr als sechs Monate zurückliegt, gegen die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmeV) nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerde sei unzulässig. Der Mann habe nicht mehr einschlägige Benachteiligungen gerügt und den Subsidiaritätsgrundsatz nicht beachtet.

"Alt-Infizierter" sieht sich durch Ausnahmenverordnung benachteiligt

Der Beschwerdeführer war Ende März 2020 mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Er sieht eine unzulässige Benachteiligung durch die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung. Personen, deren nachgewiesene Infektion mit dem Coronavirus schon mehr als sechs Monate zurückliegt, gelten im Unterschied zu solchen, bei denen die nachgewiesene Infektion weniger als sechs Monate zurückliegt, nicht als genesene Personen. Für den Beschwerdeführer kommen deshalb die Ausnahmen nach der Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung nicht zur Anwendung. Daran ändert auch nichts, dass er nach wie vor über ausreichend neutralisierende Antikörper gegen das Coronavirus im Blut verfügt und das mittels eines aktuellen Nachweises auch belegen kann. Das Mann sieht sich auch dadurch benachteiligt, dass er nicht durch lediglich eine Impfung den Status einer geimpften Person erreichen könne, weil auch dies voraussetze, dass die Infektion nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Er legte deshalb Verfassungsbeschwerde ein.

BVerfG: Keine gegenwärtige Betroffenheit hinsichtlich bundesrechtlicher Beschränkungen

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sei unzulässig. Die bundesrechtlichen Beschränkungen (§ 28b IfSG) beträfen den Beschwerdeführer nicht mehr. Soweit ersichtlich, hätten deren Voraussetzungen am Wohnort des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht mehr vorgelegen. Insofern betreffe ihn auch die hier angegriffene Ausnahmeregelung nicht mehr.

Zulässigkeit großzügigerer landesrechtlicher Ausnahme fachgerichtlich zu klären

Sofern der Beschwerdeführer aktuell durch Beschränkungen des Landesrechts Berlins betroffen sein könnte, genüge die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen der Subsidiarität. Das Landesrecht von Berlin enthalte zu der hier streitigen Frage eine großzügigere Regelung als die bundesrechtliche Vorschrift. Nach § 6c Abs. 1 Nr. 2 der Zweiten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Landes Berlin entfalle eine vorgeschriebene Testpflicht oder die Pflicht zur Vorlage eines negativen Testergebnisses für genesene Personen, deren Infektion mehr als sechs Monate zurückliegt, schon dann, wenn sie lediglich eine Impfung gegen Covid-19 erhalten haben. Es sei eine im Wege fachgerichtlichen Rechtsschutzes zu klärende Frage der Auslegung von § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 SchAusnahmeV, ob diese einer Landesregelung entgegenstehen, die wie § 6c Abs. 1 Nr. 2 der 2. InfSchMV für den Anwendungsbereich landesrechtlicher Beschränkungen die Begriffe der genesenen oder der geimpften Person großzügiger fasst als § 2 Nr. 3 lit. b) SchAusnahmeV. Sollte die Auslegung des Fachrechts ergeben, dass § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 SchAusnahmeV großzügigeren Ausnahmen von landesrechtlichen Beschränkungen nicht entgegenstehen, könnte der Beschwerdeführer auch sein Begehren, über § 6c Abs. 1 Nr. 2 der 2. InfSchMV hinaus ohne jede weitere Impfung in den Genuss der Befreiungen zu kommen, auf der Grundlage des Landesrechts im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen versuchen, so das BVerfG.

BVerfG, Beschluss vom 07.06.2021 - 1 BvR 1260/21

Redaktion beck-aktuell, 18. Juni 2021.