Das BVerfG hat zwei Organklagen des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zum Bundestagswahlrecht als unzulässig verworfen (Beschlüsse vom 12.05.2025 - 2 BvE 6/25, 2 BvE 9/25). Die Partei hatte dem Bundestag einerseits vorgeworfen, keinen Rechtsbehelf eingeführt zu haben, bei dem bei Zweifeln an der Richtigkeit des Wahlergebnisses eine umgehende Neuauszählung verlangt werden kann. Zum anderen war sie der Auffassung, dass im Bundeswahlgesetz eine andere Reihenfolge der Parteien auf den Stimmzetteln vorzusehen sei.
Das Verfassungsgericht erklärte jedoch: "Die Antragstellerin hat die Möglichkeit einer Verletzung ihres Rechts auf Chancengleichheit nicht hinreichend substantiiert begründet." Rüge eine Partei ein Unterlassen im Wahlrecht durch den Gesetzgeber, so müsse sie sich substantiiert mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG auseinandersetzen. Dabei gelte es den Umstand zu beachten, dass Art. 38 GG "lediglich die Grundzüge des Wahlsystems vorgibt" und eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Vornahme einer Wahlrechtsänderung "regelmäßig nicht in Betracht kommt". Diese Auseinandersetzung habe das BSW in ihren Anträgen nicht vorgenommen.
Auch bezüglich der Reihenfolge der Parteien auf den Stimmzetteln fehle es an ausreichenden Begründungen durch die Partei, so das BVerfG zu dem zweiten Antrag. "Ihre Annahme, sie sei mit allen Parteien, die bei der letzten Bundestagswahl angetreten, aber unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben seien, gleichbehandelt worden, weil sich deren Reihenfolge nur nach dem Alphabet richte, ist sachlich unzutreffend.". Die Reihenfolge auf Stimmzetteln ist in § 30 Abs. 3 BWahlG geregelt. Die Ausführungen des BSW dazu zielten gar darauf ab, die Partei besser zu stellen, als die von ihr zum Vergleich herangezogenen Parteien. Die Behauptung des BSW, es liege eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung vor, sei daher unverständlich, so das BVerfG.
BSW gibt nicht auf: Wahlprüfungsausschuss angerufen
BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali erklärte in einer Reaktion auf die Entscheidung aus Karlsruhe, es blieben verfassungsrechtliche Bedenken zum Wahlausgang. Parteigründerin Sahra Wagenknecht bekräftigte, dass die Partei erneut nach Karlsruhe ziehen will, wenn der Wahlprüfungsausschuss nicht zugunsten des BSW entscheidet.
Mohamed Ali erklärte: "Wenn es eine Fünf-Prozent-Hürde gibt, muss sichergestellt sein, dass nur Parteien nicht im Bundestag vertreten sind, die definitiv nicht von fünf Prozent der Wähler gewählt wurden. Das ist beim BSW mindestens offen." Es sei belegt, dass es bei der Auszählung Unregelmäßigkeiten und systematische Zählfehler zulasten des BSW gegeben habe und diese teils nicht überprüft worden seien. "Deshalb bleibt es ein verfassungsrechtliches Problem, wenn nicht zeitnah festgestellt wird, ob der Bundestag korrekt zusammengesetzt ist und die jetzige Regierung überhaupt eine demokratische Legitimierung hat", meinte die BSW-Co-Vorsitzende.
Das BSW hat inzwischen Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss eingelegt und Parteigründerin Wagenknecht dringt auf eine rasche Entscheidung. "Das Problem ist der Faktor Zeit", sagte sie dem Stern. Dass der Gesetzgeber keine Frist vorgesehen habe, sei fragwürdig. "Erst wenn der Ausschuss, in dem lauter Parteien sitzen, die das BSW nicht im Bundestag haben wollen, sich verhalten hat, können wir vor dem Bundesverfassungsgericht auf Neuauszählung der Stimmen klagen." Würde das BSW nachträglich in den Bundestag einziehen, hätte die schwarz-rote Koalition keine Mehrheit mehr.