Buschmann legt Vorschläge zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts vor

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat heute ein Eckpunktepapier zur Fortentwicklung des nationalen Völkerstrafrechts, wie es insbesondere im Völkerstrafgesetzbuch geregelt ist, vorgelegt. Die Vorschläge zielen darauf, Strafbarkeitslücken zu schließen, Opferrechte zu stärken und die Breitenwirkung völkerstrafrechtlicher Urteile zu verbessern. Das Papier enthält darüber hinaus auch eine Bekenntnis zur Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs. 

Stärkung der Opferrechte

Nach dem Eckpunktepapier sollen die Rechte von Menschen gestärkt werden, die Opfer eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder eines Kriegsverbrechens gegen Personen (§ 8 VStGB) geworden sind. Opfern dieser Straftaten soll durch entsprechende Änderung von § 395 StPO die Nebenklagebefugnis eingeräumt werden. Parallel sollen sie die Möglichkeit erhalten, ohne weitere Voraussetzungen eine Opferanwältin oder einen Opferanwalt beigeordnet zu bekommen. Insbesondere soll es dafür nicht auf die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe ankommen. Hierzu soll § 397a StPO geändert werden. Eine gemeinschaftliche Vertretung bei gleichgelagerten Interessen soll durch entsprechende Änderung von § 397b StGB möglich sein. Schließlich soll durch Änderung von § 406g StPO die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleiterin oder eines psychosozialen Prozessbegleiters ohne weitere Voraussetzung möglich sein. 

Erleichterung der Rezeption von Prozessen nach dem VStGB

Buschmann strebt außerdem eine bessere Rezeption und Verbreitung wichtiger deutscher Völkerstrafrechtsprozesse an. Hierzu soll in § 185 GVG klargestellt werden, dass Medienvertreter in Gerichtsverfahren Verdolmetschungen nutzen können, wenn sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Das Bundesjustizministerium will darüber hinaus Übersetzungen wegweisender Urteile zum Völkerstrafrecht in die englische Sprache in Auftrag geben, damit weltweit auch die nicht-deutschsprachige Öffentlichkeit Zugang hierzu bekommt. Außerdem soll durch Neufassung von § 273 StPO die wissenschaftliche und historische Rezeption von völkerstrafrechtlichen Verfahren erleichtert werden. Audiovisuelle Aufzeichnungen von Hauptverhandlungen sollen künftig auch für wissenschaftliche und historische Zwecke verwendet werden können.

VStGB-Lücken im Hinblick auf sexualisierte Gewalt schließen

Weiter geht es dem Bundesjustizministerium darum, Strafbarkeitslücken im VStGB zu schließen und die dortigen Straftatbestände fortzuentwickeln. § 7 VStGB und § 8 VStGB sollen so angepasst werden, dass sie auch den Tatbestand der sexuellen Sklaverei umfassen. Damit soll dem erheblichen Unrechtsgehalt der damit bezeichneten Handlung und der zunehmenden Bedeutung dieses Tatbestands in der Rechtsprechung des IStGH Rechnung getragen werden. Neu aufgenommen werden sollen in das VStGB außerdem die Tatbestände der Verwendung von Waffen, deren Splitter mit Röntgenstrahlen nicht erkennbar sind, sowie der Verwendung von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen. Diese Tatbestände wurden laut BMJ jüngst in das Statut des IStGH aufgenommen. Durch ihre Übernahme in das nationale Recht solle zur Bildung entsprechenden Völkergewohnheitsrechts beigetragen werden.

Ausdehnung der IStGH-Gerichtsbarkeit über Aggressions-Verbrechen

Über die Fortentwicklung des nationalen Völkerstrafrechts hinaus möchte das Bundesjustizministerium erreichen, dass die Gerichtsbarkeit des IStGH über das Verbrechen der Aggression ausgedehnt wird. Bislang könnten nach dem IStGH-Statut nur Angehörige von Vertragsstaaten wegen des Aggressions-Verbrechens verfolgt werden. Diese Begrenzung werfe "eine schmerzhafte Strafbarkeitslücke" auf – auch und gerade mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, so das BMJ. Eine Änderung des IStGH-Statuts sei allerdings nur zusammen mit den anderen Vertragsstaaten möglich und daher nicht kurzfristig zu bewirken. Die vorgeschlagenen Änderungen im nationalen Völkerstrafrecht könne der Bundesgesetzgeber hingegen autonom vornehmen.

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2023.