Die Bundesregierung stellt sich gegen wesentliche Teile der EU-Vorschläge im Kampf gegen Kinderpornografie im Netz und fordert einen vernünftigen Ausgleich mit dem Bereich der digitalen Privatsphäre. Das, was unter dem Stichwort Chatkontrolle diskutiert werde, schieße über das Ziel hinaus, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann am Rande eines EU-Treffens in Luxemburg. Nach Auffassung der Bundesregierung habe eine Chatkontrolle im Rechtsstaat nichts zu suchen.
Buschmann gegen präventives Entschlüsseln privater Kommunikation
Als Beispiel für diese Chatkontrolle nannte Buschmann das anlasslose und präventive Entschlüsseln privater Kommunikation oder das Einsetzen von Scannern auf Geräten von Menschen, die sich nichts hätten zuschulden kommen lassen und gegen die es keinen Verdacht gebe. Dennoch begrüße Buschmann grundsätzlich, dass die EU-Kommission ein "ambitioniertes Programm" zur Bekämpfung von Missbrauchsdarstellungen im Internet vorgelegt habe.
Kommission: Gericht oder Behörde soll Scannen der Inhalte anordnen können
Die Kommission hatte ihre Vorschläge im Mai präsentiert. Demnach müssen alle Unternehmen zunächst analysieren, wie groß das Risiko ist, dass auf ihren Seiten Kinderpornografie geteilt wird. Gegebenenfalls müssen die Seiten Gegenmaßnahmen treffen. Falls dies nicht ausreiche, könne von einem Gericht oder einer anderen unabhängigen Behörde eine sogenannte "detection order" zum Scannen der Inhalte angeordnet werden. Welche Software dazu genutzt werden soll, lässt der Gesetzesvorschlag offen.
Kritik auch von Bürgerrechtsorganisationen und EU-Datenschützern
Bürgerrechtsorganisationen sehen darin den Versuch, die gesamte Kommunikation im Netz inklusive verschlüsselter Nachrichten zu scannen. Auch Europas oberste Datenschützer äußerten sich äußerst kritisch. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson verteidigte die Vorschläge zuletzt gegen derlei Kritik.
Redaktion beck-aktuell, 13. Oktober 2022 (dpa).
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