Burundi verlässt als erster Staat den Internationalen Strafgerichtshof

Das ostafrikanische Burundi hat als erstes Land den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verlassen. Burundi sei seit dem 27.10.2017 kein Mitglied mehr, bestätigte ein Sprecher des IStGH in Den Haag. Die burundische Regierung warf dem Gericht vor, einseitig gegen afrikanische Länder vorzugehen. Menschenrechtler und Opposition kritisieren den Austritt scharf.

Burundi beklagt einseitiges Vorgehen des IStGH

Burundi hatte im Oktober 2016 den Austritt nach Artikel 127 des Römischen Statutes eingeleitet. "Der Internationale Strafgerichtshof bestraft diejenigen, die der Westen nicht an der Macht sehen will", sagte der Vizepräsident des Landes, Gaston Sindimwo, der dpa. "Wir müssen Burundi wirkliche Unabhängigkeit geben." Er rief die Justiz des Landes auf, nun verstärkt gegen Kriminalität vorzugehen. Die Justizministerin des Landes, Aimée Laurentine Kanyana, versicherte, der Austritt aus dem Weltstrafgericht bedeute nicht, dass Straflosigkeit erlaubt werde.

Gambia und Südafrika zogen Austrittsentscheidung zurück

Burundi ist bisher der einzige Staat, der den Grundlagenvertrag kündigte. Das westafrikanische Gambia und Südafrika hatten 2016 zwar ebenfalls den Austritt angekündigt, diese Entscheidung aber wieder zurückgezogen. Dem Gericht gehören nun noch 123 Staaten an. 

Burundischer Justizminister attestiert seinem Land "weiße Weste"

Trotz des Austritts wird das Gericht die vorläufigen Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in Burundi fortsetzen. Die Anklage hatte im April 2016 eine Untersuchung eingeleitet. Diese sei "unabhängig, unparteiisch und objektiv", erklärte der Sprecher des Gerichts. Ob auch ein Verfahren eingeleitet wird, ist noch nicht entschieden. Kanyana behauptete, Burundi verlasse das Weltstrafgericht ohne ausstehende Rechtssachen. Das bedeute, dass es in der Vergangenheit keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord gegeben habe.

Opposition und EU kritisieren Austritt

Der burundische Oppositionspolitiker Tatien Sibomana kritisierte den Austritt aus dem Weltstrafgericht scharf. "Die Justiz in Burundi ist nicht unabhängig", sagte er. Diese arbeite noch immer auf Anordnung des Präsidenten.  Die EU kritisierte den Rückzug Burundis als einen "gravierenden Rückschritt", der zu einer noch stärkeren Isolation des Landes in der internationalen Gemeinschaft führen könne. Man erwarte, dass Burundi ungeachtet seiner Entscheidung weiter mit dem Weltstrafgericht kooperiere, teilte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mit. Die EU sei dabei bereit, über mögliche Vorbehalte gegenüber dem Gericht konstruktiv zu diskutieren.

Menschenrechtler bezeichnen Austritt als zynisch

Der Austritt sei ein "zynischer Versuch, sich der Justiz zu entziehen", sagte Matt Cannock von Amnesty International. Dennoch, auch wenn die Regierung nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof kooperieren werde, gebe es Mittel und Wege, die begangenen Straftaten zu ermitteln und strafrechtlich zu verfolgen.

Vereinte Nationen werfen Behörden in Burundi Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor

In Burundi war 2015 eine Krise ausgebrochen, als sich Präsident Pierre Nkurunziza entgegen den Bestimmungen der Verfassung eine dritte Amtszeit sicherte. Viele Oppositionelle sind ins Exil gegangen, etliche Menschen sind laut Menschenrechtlern entführt worden. Die Vereinten Nationen hatten Anfang September 2017 Behörden des Landes Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Anhand von Untersuchungen und Interviews mit mehr als 500 Augenzeugen hätten die UN seit April 2015 etwa Folterungen, willkürliche Festnahmen und Tötungen dokumentiert, teilte die Untersuchungskommission zu Burundi des UN-Büros für Menschenrechte mit. Zu den mutmaßlichen Tätern gehören demnach unter anderem ranghohe Mitglieder der Geheimdienste und der Polizei, Militärs sowie Mitglieder der Jugendorganisation der Regierungspartei.

Redaktion beck-aktuell, 30. Oktober 2017 (dpa).