Bundesverkehrsminister: Maut kommt – aber nicht so bald

Andreas Scheuer (CSU), der neue Bundesverkehrsminister, weiß natürlich selbst, dass das neue Amt als Ressortchef nicht nur angenehm wird. Es schwelen einige Altlasten – von der Dieselkrise bis zum schleppenden Breitband-Ausbau. Dann ist da noch die Pkw-Maut. Und Scheuer lässt schon mal erkennen: Ganz fix und einfach geht es damit eher nicht.

Weg für Pkw-Maut seit 2017 frei

Dass das Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition heikel ist, war von Anfang an klar. Vor einem Jahr brachte es Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) aber doch über die letzte politische Hürde. Der Bundesrat gab am 31.03.2017 den Weg für ein Mautmodell frei, das nach einigen Änderungen den Segen der EU-Kommission bekam. Seitdem steht die "Infrastrukturabgabe“, die alle zahlen sollen, die aber nur Fahrer aus dem Ausland extra belastet, schwarz auf weiß im Gesetz. Kurz vor der Bundestagswahl schaffte Dobrindt auch noch erste Fakten und startete Ausschreibungen für den künftigen Systembetrieb.

Scheuer: Maut noch in dieser Wahlperiode

Doch wann kommt sie nun auf die Straße? Dobrindt musste erleben, wie man sich mit Prophezeihungen verkalkulieren kann. "Am 01.01.2016 wird die Pkw-Maut scharfgestellt“, verkündete er 2014 kühn. Doch bis heute spüren Autofahrer bekanntlich nichts davon. Seitdem hütet sich das Ministerium davor, einen Termin zu nennen. In der offiziellen Einnahme-Prognose wird aber ein Start für 2019 angepeilt. "Ich mache keine Zeitvorgabe“, sagte Scheuer der "Rheinischen Post“. Nur so viel: Die Maut werde "auf jeden Fall in dieser Wahlperiode“ eingeführt – also bis spätestens 2021. Alles andere als ein Rahmen bis zur nächsten Bundestagswahl wäre aber auch ein ziemlicher Hammer.

Noch "organisatorische und technische Details" zu klären

"Wir sind mit Hochdruck dran", versichert der neue Minister. Es seien aber noch nicht alle "organisatorischen und technischen Details“ geklärt. Und nach der langen politischen Debatte wolle er ein System einführen, "das dann auch gut funktioniert“. Tatsächlich ist noch einiges in der Schwebe. Derzeit läuft das Verfahren zur Auswahl der Maut-Betreiber. Es geht um Erhebung und Kontrolle der Maut. Zum Stand der Dinge und dem Zeitplan hüllt sich das Ministerium in Schweigen.

Gerichte könnten Maut ausbremsen

Dann sind da noch juristische Unwägbarkeiten. Österreich hat Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Die Alpenrepublik, die selbst für Pickerl kassiert, ist seit jeher einer der stärksten Kritiker der Maut und wäre mit 1,8 Millionen Deutschland-Pendlern stark betroffen. Der Kernvorwurf: Weil nur inländische Autobesitzer über die Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden sollen, würden ausländische Fahrer verbotenerweise diskriminiert. Die Niederlande wollen sich der Klage anschließen. Ein Gerichtstermin ist aber noch nicht angesetzt, dauern kann das EuGH-Verfahren bis zu zwei Jahre. Kritiker sagen seit langem, dass die Richter die Maut ausbremsen könnten – Folgen für ein möglicherweise schon laufendes System und die Betreiber ungewiss.

Grünen-Fraktionsvize Krischer: Maut ist antieuropäisch

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer warnt, die Maut werde beim EuGH scheitern, "da sie antieuropäisch ist, den Grenzregionen schadet, ein Bürokratiemonster ist und den deutschen Steuerzahler Millionen kostet". Statt an dem "Stammtischprojekt" festzuhalten, sollte Scheuer die "unsinnige CSU-Maut" begraben.

500 Millionen Euro pro Jahr für Straßen-Investitionen?

Diesen Wunsch wird ihm der CSU-Mann nicht nur wegen der Landtagswahl in Bayern im Oktober 2018 nicht erfüllen. Nach den Vorbereitungen für die technische Einführung muss Scheuer dann aber auch beim wichtigsten Grund für das ganze Vorhaben zeigen, dass die Versprechungen tragen: Nach Abzug der Systemkosten sollen unterm Strich gut 500 Millionen Euro pro Jahr für Straßen-Investitionen übrig bleiben, errechnete das Ministerium. Zweifel an den Einnahmen verstummen aber nicht.

Weitere Baustelle: Lkw-Maut

Daneben hat es Scheuer auch noch mit einer anderen Maut-Baustelle zu tun: Der Ausweitung der Lkw-Maut auf das gesamte, 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen, die stattliche zwei Milliarden Euro pro Jahr extra einbringen soll. Anders als bei der Pkw-Maut steht dafür seit langem ein konkreter Starttermin: Sonntag, der 01.07.2018.

Redaktion beck-aktuell, Andreas Hoenig und Sascha Meyer, 4. April 2018 (dpa).