Bundestagsexperten: Vorratsdatenspeicherung hält EU-Recht kaum Stand

Rechtsexperten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gehen davon aus, dass die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung, die gegenwärtig vom Europäischen Gerichtshof geprüft wird, nach EU-Recht kaum Bestand haben wird. Das geht aus einem Gutachten hervor, über das der "Spiegel" berichtete und das auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Zwei EuGH-Urteile Grundlage des Gutachtens

In dem Gutachten werden zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 06.10.2020 untersucht. Eine flächendeckende und pauschale Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten ist demnach nicht zulässig. In den Urteilen ging es um Regelungen in Großbritannien, Frankreich und Belgien. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte sich an den EuGH gewandt, die Entscheidung steht noch aus. Die deutsche Regelung ruht derzeit.

Experten zweifeln an Speicherungen ohne besonderen Anlass

Die Experten des Bundestags gehen in dem Gutachten angesichts der EuGH-Entscheidungen davon aus, dass auch die deutsche Regelung kaum Bestand haben wird. In Deutschland gebe es zwar kürzere Speicherfristen. Die Speicherung solle aber danach immer ohne gesonderten Anlass erfolgen, was den Grundsätzen des EuGH nicht entspreche. Das Thema Vorratsdatenspeicherung ist seit Jahren umstritten. Befürworter wie Sicherheitsbehörden und -politiker argumentieren mit der Terrorabwehr oder der Bekämpfung organisierter Kriminalität, Gegner wie Bürgerrechtler oder Verbraucherschützer befürchten, dass Grundrechte beschnitten werden.

FDP-Fraktionsvize fordert neues Gesetz

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae forderte im "Spiegel" die Regierung auf, den "Tanz ums Goldene Kalb Vorratsdatenspeicherung zu beenden" und ein neues, verfassungskonformes Gesetz vorzulegen. Im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes heißt es, dem deutschen Gesetzgeber bleibe es unbenommen, die Entscheidung des EuGH zur deutschen Regelung abzuwarten oder schon vorher ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zu erlassen, das die Vorgaben aus den bereits ergangenen Urteilen berücksichtigt.

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2020 (dpa).