Bundestag und Bundesrat machen Weg frei für Corona-Konjunkturpaket
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Bundestag und Bundesrat haben am 29.06.2020 grünes Licht für das Corona-Konjunkturpaket gegeben. Mit dem steuerlichen Maßnahmenpaket soll möglichst rasch der Konsum und damit die Binnenwirtschaft in der Corona-Krise angekurbelt werden. Es enthält unter anderem die befristete Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent ab dem 01.07.2020 und einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro. 

Mehrwertsteuer sinkt für ein halbes Jahr

Beschlossen wurde unter anderem eine befristete Senkung der Umsatzsteuersätze vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020. Der reguläre Steuersatz sinkt in diesem Zeitraum von 19 auf 16%, der ermäßigte von 7 auf 5%. Der Bund übernimmt die aus der Senkung 2020 kassenwirksam werdenden Mindereinnahmen von Ländern und Kommunen.

Einmaliger Kinderbonus von 300 Euro

Außerdem wird für jedes im Jahr 2020 kindergeldberechtigte Kind ein einmaliger Kinderbonus von 300 Euro gezahlt. Der Kindergeldbonus soll nicht auf die Grundsicherung angerechnet und bei besserverdienenden Haushalten mit dem Kinderfreibetrag verrechnet werden. Der Kindergeldbonus wird in zwei Teilen von 200 Euro im September und 100 Euro im Oktober 2020 ausgezahlt. Der Bund übernimmt den Länder- und Gemeindeanteil an den Mehrbelastungen aufgrund des Kinderbonus. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird für einen Zeitraum von zwei Jahren (2020 und 2021) von derzeit 1.908 Euro auf 4.008 Euro angehoben.

Möglichkeit zu steuerlichem Verlustrücktrag wird erweitert

Zu den die Wirtschaft betreffenden steuerlichen Maßnahmen gehört die Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des zweiten auf die Einfuhr folgenden Monats. Unternehmen dürfen ihre Verluste besser mit Gewinnen aus den Vorjahren verrechnen: der steuerliche Verlustrücktrag erhöht sich für 2020 und 2021 auf fünf Millionen Euro beziehungsweise zehn Millionen Euro bei Zusammenveranlagung. Auch soll ein Mechanismus eingeführt werden, um den Verlustrücktrag für 2020 schon mit der Steuererklärung 2019 unmittelbar finanzwirksam nutzbar zu machen. Darüber hinaus beschloss der Bundestag eine degressive Abschreibung in Höhe von 25%, höchstens aber des 2,5-fachen der linearen Abschreibung, für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden.

Dienstwagen und Forschungszulage

Bei der Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen, die kein Kohlendioxid ausstoßen, wird der Höchstbetrag des Bruttolistenpreises von 40.000 auf 60.000 Euro erhöht. Zu den weiteren Maßnahmen gehört unter anderem die Erhöhung der maximalen Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage auf vier Millionen Euro im Zeitraum von 2020 bis 2025. 

Bund entlastet Länder und Kommunen

Für das Jahr 2020 wird mit Steuermindereinnahmen von rund 23,39 Milliarden Euro gerechnet, von denen rund 20,08 Milliarden Euro auf den Bund entfallen sollen. Knapp 13 Milliarden Steuerausfälle entstehen durch die Absenkung der Mehrwertsteuer, der Kinderbonus schlägt mit 5,4 Milliarden Euro zu Buche und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende mit 415 Millionen Euro. 2021 sollen die Steuermindereinnahmen insgesamt bei rund 12,84 Milliarden Euro liegen, davon rund 6,26 Milliarden Euro für den Bund.

AfD hält Kinderbonus für wirkungslos

Die steuerlichen Maßnahmen hätten in der Mehrzahl nur Stundungscharakter, kritisierte Albrecht Glaser von der AfD, die gegen das Gesetz gestimmt hat. Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer bringe Umstellungskosten in Milliardenhöhe mit sich: "Die Umstellungskosten fressen den Vorteil nahezu auf", kritisierte Glaser, der steuerliche Maßnahmen wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlages oder eine Senkung der Einkommensteuer forderte. Doch da gebe es "einfach nichts, was einer zwangskollabierten Volkswirtschaft wieder auf die Beine helfen könnte". Ähnlich wirkungslos werde der Kinderbonus sein.

FDP: Die Profiteure sind die Online-Händler

Auch nach Ansicht der FDP-Fraktion, die dem Gesetzespaket ebenfalls die Zustimmung versagte, ist die Wirkung der Mehrwertsteuersenkung zweifelhaft. Für Christian Dürr (FDP) ist die Maßnahme mit einem "absurden bürokratischen Aufwand" verbunden. Es sei außerdem mehr als fraglich, ob das Geld wirklich bei den Menschen ankommt". Die Profiteure würden vielmehr die sein, die in der Krise nicht gelitten hätten – wie Online-Versandhändler: "Es ist nicht fair, den deutschen Mittelstand mit Bürokratie zu belasten, aber Händler wie Amazon zu entlasten. Das ist das falsche Signal", erklärte Dürr, der eine rückwirkende Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine Tarifentlastung bei der Einkommensteuer ab 2021 forderte. Für die Unternehmen müsse es eine "negative Gewinnsteuer" geben.

Die Linke hätte Konsumschecks bevorzugt

Hilfe in der Krise mit einem Konjunkturpaket sei richtig, aber das Geld müsse zielgenau und klug dahin geleitet werden, wo es wirklich gebraucht werde, forderte Sahra Wagenknecht (Die Linke). Das leiste das Paket der Koalition leider kaum. Hilfe für Städte und Gemeinden, Steuererleichterungen für Unternehmen und Hilfen für Familien seien richtig, "aber das sind leider alles ziemlich kleine Posten". Der größte Posten sei die Senkung der Mehrwertsteuer, "und wenig spricht dafür, dass dieses Geld wirklich bei den Verbrauchern ankommt", so Wagenknecht. Profitieren würden Konzerne wie Amazon, ein Unternehmen, das in Deutschland kaum Steuern zahle und seine Beschäftigten miserabel behandle. "Von dem Betrag, den die Mehrwertsteuersenkung kostet, hätte man 20 Millionen Familien mit niedrigem Einkommen einen Konsumscheck von 1.000 Euro schicken können", rechnete Wagenknecht vor.

Grüne: Zu wenig Unterstützung für KMU und Solo-Selbstständige

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) habe einen "großen Wumms" angekündigt, doch ob, wem und wie die Mehrwertsteuersenkung als Herzstück des Steuerpakets wirklich helfen werde, wisse er nicht, kritisierte Danyal Bayaz (Bündnis 90/Die Grünen). "Wenn man eine Maßnahme als Herzstück bezeichnet, sollte man sicher sein, dass sie am Ende einiges bringt. Die Bevölkerung hätte viel stärker und unbürokratischer durch eine stärkere Senkung der EEG-Umlage entlastet werden können. Es mangele zudem an Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen und Solo-Selbstständigen. Sowohl Die Linke als auch die Bündnisgrünen hatten sich bei der Abstimmung im Bundestag enthalten.

Bundesrat begrüßt Finanzzusage der Bundesregierung

In einer begleitenden Entschließung begrüßt der Bundesrat die Zusage der Bundesregierung, den Ländern und Gemeinden sämtliche aus der befristeten Umsatzsteuersenkung resultierenden Steuerausfälle zu erstatten. Das vorliegende Gesetz regele nur den Teil der 2020 kassenwirksamen Steuerausfälle. Steuerausfälle, die erst 2021 kassenwirksam werden, müsse die Bundesregierung auch 2021 gesetzlich kompensieren, unterstreicht er.

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2020.