Ceta bislang nur teilweise in Kraft
Ceta ist seit September 2017 vorläufig in Kraft - allerdings nur in den Bereichen, für die allein die EU zuständig ist und nicht die Mitgliedstaaten. Die anderen Teile etwa zu Investitionsschutz und Investitionsgerichtsbarkeit liegen auf Eis, bis die Ratifizierung abgeschlossen ist. In der EU fehlt noch die Zustimmung aus mehreren Staaten, darunter bislang Deutschland. Die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland hatte sich bereits zuvor über die Abstimmung begeistert gezeigt. Sie lobte Ceta auf Twitter als "großartiges" und fortschrittliches Abkommen. Die Grünen waren lange gegen Ceta. Im Programm zur Bundestagswahl hieß es, die Partei werde das Abkommen in seiner "jetzigen Fassung" nicht ratifizieren. Das Abkommen solle gemeinsam mit Kanada weiterentwickelt und neu ausgerichtet werden. Diese Ziele sehen die Grünen nun erreicht, wie Fraktionschefin Katharina Dröge deutlich machte. Gemeinsam mit der EU und Kanada habe man es geschafft, "missbrauchsanfällige" Standards beim Investitionsschutz zu reformieren. Missbräuchliche Klagen gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit würden Geschichte sein. Auf den Weg gebracht wurde eine "Interpretationserklärung" eines gemeinsamen Ceta-Ausschusses.
Kritik aus der Opposition und von Umweltverbänden
Der Linke-Abgeordnete Bernd Riexinger bezeichnete die Ratifizierung als großen Fehler. Hunderttausende hätten gegen das Abkommen protestiert. Die Grünen redeten sich Ceta schön. Es gebe weiter Sonderrechte für internationale Konzerne. Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha sagte: "Das Abkommen schützt fossile Konzerne statt das Klima." BUND-Geschäftsführerin Antje von Brook kritisierte, die Ampel ebne den Weg für eine Sondergerichtsbarkeit von Konzernen. "Das ist ein Skandal." Investorenrechte würden über den Schutz von Umwelt, Klima und Verbrauchern gestellt. "Auch über Zusatzerklärungen lassen sich schädliche Teile des Abkommens wie der Investitionsschutz nicht verbessern."
Wirtschaft lobt Abkommen
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sprach dagegen von einem überfälligen Schritt. Das Handelsvolumen sei seit der vorläufigen Anwendung deutlich gestiegen. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte, es müssten nun weitere wichtige EU-Handelsabkommen vorangebracht werden, etwa mit dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur oder Indien. Abkommen wie Ceta würden insbesondere Mittelständlern helfen, Märkte zu erschließen, Lieferketten breiter aufzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen voranzubringen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck will, dass sich deutsche Unternehmen international breiter aufstellen - um einseitige Rohstoffabhängigkeiten etwa von China zu verhindern.
Koalition will neue Handelspolitik
Die Ceta-Ratifizierung ist Teil einer Einigung der Koalition über eine Neuausrichtung der Handelspolitik. Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner sagte, es gehe um Handel und Klimaschutz - mit Betonung auf "und". Zur Einigung gehört auch der Austritt Deutschlands aus einem umstrittenen internationalen Abkommen, dem Energiecharta-Vertrag. Das wollten vor allem die Grünen. Allerdings deutet sich in einem weiteren Punkt in der Einigung der Koalition Streit an. In einem Papier heißt es, die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA sollten vertieft werden. "Darüber hinaus sollte die EU sondieren, ob aufseiten der USA die Bereitschaft zu neuen Verhandlungen über ein Abkommen für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum für Freihandel und fairen Handel besteht."
Nächster Streitpunkt: Handelsabkommen mit USA
Vor allem die FDP will, dass ein neuer Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA unternommen wird. Die EU und die USA hatten jahrelang über das sogenannte TTIP-Abkommen verhandelt. Die Grünen sind skeptischer, was bereits Habeck deutlich gemacht hat. Dröge sagte, die USA seien für ein solches Abkommen nicht bereit. Zielführender seien kleine und pragmatische Schritte, etwa Verständigungen über gemeinsame Standards und Normen. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte in einem Interview von RTL/ntv, er halte einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den USA derzeit für aussichtslos. Hintergrund sei das dortige Inflationsbekämpfungsgesetz mit milliardenschweren Investitionen in den Klimaschutz. Subventionen und Steuergutschriften sind aber daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Die EU befürchtet nun Wettbewerbsverzerrungen. Habeck hat bereits eine "robuste Antwort" der EU angekündigt.