Eine ärztliche Zwangsbehandlung ist künftig auch außerhalb geschlossener Einrichtungen möglich. Der Bundestag hat ein entsprechendes Gesetz am 22.06.2017 verabschiedet. Die Neuregelung diene der unverzüglichen Schließung einer vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26.07.2016 (MedR 2017, 122) im Betreuungsrecht festgestellten Schutzlücke, betonte das Bundesjustizministerium. Diese resultiere aus der zwingenden gesetzlichen Verknüpfung der ärztlichen Zwangsmaßnahme mit der freiheitsentziehenden Unterbringung, die zur Folge habe, dass Betreute, die sich der Behandlung räumlich nicht entziehen wollen oder hierzu körperlich nicht in der Lage sind, nicht gegen ihren natürlichen Willen behandelt werden könnten.
Stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus als Voraussetzung
Um diese Schutzlücke zu beheben, werde die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von der freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt. Ärztliche Zwangsmaßnahmen sollen künftig an das Erfordernis eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, gebunden werden. Auf Grund des Ultima-ratio-Gebots sollen ambulant durchgeführte ärztliche Zwangsbehandlungen auch weiterhin ausgeschlossen bleiben. Die strengen materiell- und verfahrensrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen sollen im Übrigen erhalten bleiben.
Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2017.
Zum Thema im Internet
Den Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 18/11240) finden Sie auf der Internetseite des Bundestags.
Aus der Datenbank beck-online
BVerfG, Verletzung der staatlichen Schutzpflicht gegenüber Betreuten durch Ausschluss von Zwangsbehandlungen außerhalb freiheitsentziehender Unterbringung, MedR 2017, 122
Aus dem Nachrichtenarchiv
Experten ringen um sinnvolle Schranken für ärztliche Zwangsbehandlung, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 27.04.2017, becklink 2006477
BVerfG, Ärztliche Zwangsbehandlung hilfsbedürftiger und einwilligungsunfähiger betreuter Menschen muss teilweise neu geregelt werden, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 25.08.2016, becklink 2004204