Bundestag billigt raschere Gerichtsverfahren bei Infrastrukturprojekten

Über wichtige Ausbauprojekte für erneuerbare Energien und andere große Infrastrukturvorhaben sollen Gerichte künftig schneller entscheiden. Das hat der Bundestag am Freitag in Berlin mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP beschlossen. Die Linksfraktion stimmte ebenfalls zu. Die Abgeordneten von Union und AfD votierten gegen den Gesetzentwurf. Ziel der Reform ist es, die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu verkürzen.

Spezialisierte Kammern und Senate

Zu diesen Vorhaben zählen unter anderem der Ausbau des Schienennetzes sowie von Windenergie-Anlagen, Fernstraßen, größeren Gasversorgungsleitungen und Hochspannungsleitungen. Das Gesetz sieht beispielsweise die Bildung spezialisierter Kammern oder Senate für Planungsrecht sowie Fristen vor, damit sich Verfahren zu solchen Großprojekten nicht mehr jahrelang hinziehen. Das Personal an den Gerichten soll zudem entlastet werden: In bestimmten Fällen können künftig einzelne Richter oder kleinere Kammern Entscheidungen in solchen Verfahren treffen. Darüber hinaus soll ein Gericht einen Mangel des angefochtenen Verwaltungsaktes außer Acht lassen können, wenn offensichtlich ist, dass dieser bald behoben sein wird.

"Wir dürfen beim Schnellerwerden keine Zeit verlieren"

Der Grünen-Abgeordnete Lukas Benner sagte, das neue Gesetz habe drei Säulen: "Mehr Flexibilität für Gerichte, Arbeitserleichterung und straffere Verfahren". Es sei natürlich nicht der große Wurf, der alle Probleme löse. Aber das habe auch niemand behauptet. "Wenn wir es ernst meinen, (...) dann müssen wir jeden einzelnen Stein umdrehen und die Potenziale bergen", sagte Benner. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßte die Entscheidung: "Wir dürfen beim Schnellerwerden keine Zeit verlieren", erklärte er. Das neue Gesetz sei ein erster guter Baustein auf dem Weg, Verfahren zu beschleunigen und leiste einen Beitrag zur schnelleren Modernisierung des Landes.

Scharfe Kritik aus der Opposition

Scharfe Kritik kam indes von der Opposition. Die Reform sei allenfalls gut gemeint, mit Sicherheit aber schlecht gemacht, sagte der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer. Weil manche Regelungen vollkommen vage seien, befürchte er, dass das Gesetz sogar zu Verzögerung führen könnte. Susanne Hennig-Wellsow (Linke) hielt die Zielsetzung des Gesetzes für richtig und gut - bemängelte aber, dass die Bundesregierung etwa das Bundesverwaltungsgericht bereits jetzt mit mehr Personal ausstatten könnte. Es werde nichts schneller, wenn man wichtige Stellschrauben vergesse, sagte sie. Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor kritisierte die Ampel-Regierung für ihr "Mini-Reförmchen". Das Etikett einer Planungsbeschleunigung habe es nicht verdient.

Streit um Beschleunigung im Planungsverfahren

Wie mehrere seiner Vorredner sah er mehr Potenzial für Beschleunigung im Planungsverfahren - also im Stadium vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung. "Statt den Stall voller Probleme im Planungsverfahren auszumisten, suchen sie die feine, goldene Nadel im Heuhaufen", sagte Amthor. Das sei zu wenig. Innerhalb der Ampel-Koalition gibt es seit längerem Streit um eine mögliche Beschleunigung von Planungsverfahren generell. Erst Ende Januar hatte es ein Treffen der Spitzen der Ampel-Parteien und -Fraktionen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegeben - ohne Ergebnis. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Straßen und Brücken schneller bauen lassen, die Grünen lehnen die Beschleunigungen von Autobahnneubauten jedoch strikt ab.

Redaktion beck-aktuell, 10. Februar 2023 (dpa).