Einschränkung der Meinungsfreiheit befürchtet
Kritiker des Gesetzes unter anderem aus der Internet-Branche warnen davor, dass damit den Unternehmen die Entscheidung darüber überlassen werde, was rechtmäßig sei. Außerdem sehen sie die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil Netzwerke sich aus Angst vor den Strafen eher für das Löschen grenzwertiger Beiträge entscheiden könnten.
Maas verteidigt Neuregelung
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verteidigte das Gesetz in der Debatte im Bundestag dagegen als "Garantie der Meinungsfreiheit". Mit kriminellen Hassposts sollten Andersdenkende zum Schweigen gebracht werden – "mit diesem Gesetz beenden wir das digitale Faustrecht im Netz", sagte Maas. Die Bundesregierung sei angesichts der ausufernden Hasskriminalität im Netz gezwungen gewesen einzugreifen. "Denn die Vergangenheit hat gezeigt: Ohne Druck werden die großen Plattformen ihre Verpflichtungen nicht erfüllen."
Künast: Richtige Abwägung muss gefunden werden
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast warnte davor, dass mit dem Gesetz "ganz grundlegende Weichen für das digitale Zeitalter" gestellt würden. Andere Länder – auch nicht-demokratische – schauten auf Deutschland. Es gehe darum, die richtige Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu finden. "Ich habe immer noch das Gefühl, dass der Reiz zu löschen größer ist als der Reiz, die Meinungsfreiheit einzuhalten", betonte Künast. Zudem sei die rechtliche Bewertung vieler Fälle oft schwierig. So sei ein Kommentar, in dem ein Nutzer ihr schrieb, er würde gern ein Enthauptungsvideo von ihr sehen, auch von der Staatsanwaltschaft als nicht strafbar eingestuft worden.
Ausgestaltung des geplanten unabhängigen Gremiums noch unklar
Die Linken-Abgeordnete Petra Sitte warnte im Bundestag, dass Rechtsdurchsetzung in die Hände privater Unternehmen gelegt werde. Nach der ersten heftigen Kritik an dem im April vorgestellten Entwurf wurde die Möglichkeit vorgesehen, die Entscheidung in schwierigen Fällen auch einem neuen unabhängigen Gremium zu überlassen, das dem Bundesamt für Justiz untersteht. Wie genau dieses Gremium ausgestaltet und besetzt werden soll, blieb zunächst unklar.
"Zustellungsbevollmächtigter" in Deutschland
Da die meisten großen Online-Unternehmen ihren Sitz im Ausland haben, sieht das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" nun auch einen "Zustellungsbevollmächtigten" in Deutschland vor, der binnen 48 Stunden auf Beschwerden reagieren soll. Die Internet-Unternehmen hatten in den vergangenen Jahren nach der massiven Kritik aus der Politik das Vorgehen gegen Hassposts und Terror-Propaganda zwar verschärft. Unter anderem der Bundesregierung und der britischen Premierministerin Theresa May gehen die Fortschritte aber nicht weit genug.
Bitkom befürchtet Verstoß gegen Verfassung und EU-Recht
Der Digitalverband Bitkom sieht weiterhin Probleme mit Verfassung und europäischem Recht: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass das unausgereifte NetzDG genauso wie die Vorratsdatenspeicherung gerichtlich gekippt wird", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Facebook kritisierte, "die mangelnde Gründlichkeit und Beratung" bei dem Gesetz werde dem Thema nicht gerecht.