Bundestag beschließt umstrittene Urheberrechtsnovelle
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Der Bundestag hat die umstrittene Reform des Urheberrechts beschlossen. Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition machte das Parlament am Donnerstag den Weg frei für die neuen Regeln für Urheber, Presseverlage, Internetplattformbetreiber und Nutzer. Die Grünen enthielten sich. AfD, Linke und FDP stimmten dagegen. Deutschland muss eine entsprechende EU-Richtlinie zum Urheberrecht bis Juni in nationales Recht umgesetzt haben.

Plattformen haften für von Nutzern hochgeladene Inhalte

Bei der Reform geht es unter anderem darum, die bisherigen Urheberregeln an den Gebrauch im Internet anzupassen - vor allem geht es um Plattformen, auf die Nutzer Inhalte hochladen können. Künftig sollen Plattformbetreiber in Haftung genommen werden können, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke wie Bilder, Texte oder Videos unerlaubt und ohne Lizenzvereinbarungen hochladen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) teilte mit: "Das Kernstück der Reform ist die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie YouTube, Facebook oder TikTok. Diese müssen künftig kreative Inhalte lizenzieren, die von Usern auf den Plattformen geteilt werden." Urheber und Kreative sollen so an der Wertschöpfung im Netz stärker beteiligt werden und ihre Auskunftsrechte sollen sich verbessern.

Anpassungen des Urheberrechts an Internetnutzungen

Zum Schutz der Kunstfreiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt der Entwurf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, sieht die geplante Neuregelung besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe vor. Die Kreativen sollen für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen erhalten. In der Film- und Medienbranche sorgte vor allem die Regelung für großen Unmut, wonach das Hochladen kurzer Ausschnitte urheberrechtlich geschützter Werke wie Ton, Text oder Video grundsätzlich erlaubt sein soll. Die Branchen sehen wirtschaftliche Nachteile für sich und die Urheber. Der Passus blieb trotz solcher Kritik jedoch in dem Entwurf. 

Verleger zufrieden mit Leistungsschutzrecht

Der Entwurf beinhaltet ebenfalls das neue Leistungsschutzrecht des Presseverlegers sowie Anpassungen im Urhebervertragsrecht. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten, dass es nun ein Schutzrecht für journalistische Inhalte gebe. "Mit dem neuen Leistungsschutzrecht und den schon seit Januar geltenden Regeln zur Beschränkung des Marktmissbrauchs großer Internetkonzerne werden wir uns wirksam gegen eine Ausbeutung journalistischer Inhalte wehren können", teilten die beiden Verbände mit. Eine angemessene Beteiligung an den Gewinnen, die Digitalanbieter auch mit der Nutzung redaktioneller Inhalte Dritter erzielten, sei ein Knackpunkt für die Zukunft des digitalen Journalismus. Der Google-Chef für Zentraleuropa, Philipp Justus, schrieb in einem Blog-Eintrag des Konzerns, man werde mit deutschen Verlagen zusammenarbeiten, um eine Einigung über eine erweiterte Vorschau von Inhalten, die möglicherweise durch das neue Gesetz geschützt seien, zu erzielen.

Kritik von Gewerkschaften

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßte die Verabschiedung des Gesetzes. Damit ist aus seiner Sicht der Weg geebnet für eine gerechtere und zukunftsfähigere Teilhabe der Urheberinnen und Urheber am digitalen Zeitalter. Kritisch sieht DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall jedoch, dass die Forderung nach Einführung eines Verbandsklagerechts nicht aufgenommen wurde: "Es ist absolut unzeitgemäß, dass Urheber auch künftig individuell für ihre berechtigten Forderungen kämpfen und vor Gericht streiten müssen."  Alles in allem sei das Gesetz aber ein Riesenfortschritt für die Urheber. Verdi sieht Urheber und Künstler im Vergleich zu Plattformen und großen Verlagen insgesamt benachteiligt.

Kaum noch Proteste gegen mögliche Upload-Filter

Vor Verabschiedung der EU-Richtlinie hatte es vor Jahren massive Proteste und Demonstrationen in vielen Ländern gegeben - Internetnutzer fürchteten Einschränkungen durch sogenannte Upload-Filter und eine Beschränkung der Meinungsfreiheit, wenn zu viele Inhalte vor dem Hochladen von den Plattformen rausgefiltert werden. Die Bundesregierung wollte solche Filter möglichst vermeiden - Oppositionspolitiker sehen diese Pläne als gescheitert an. Die Projektleiterin Julia Reda vom Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte schrieb auf Twitter, man werde Fälle von Sperrung legaler Inhalte sammeln und falls nötig klagen. Die Proteste auf der Straße gab es nun bei der Umsetzung in das nationale Recht so gut wie nicht.

Opposition bekräftige Kritik an Gesetzesvorhaben

Abgeordnete von CDU und SPD betonten einen Tag zuvor im Rechtsausschuss des Bundestages die Bedeutung des Gesetzes für die Rechtssicherheit von Urhebern und Nutzern, während die Opposition ihre Kritik an dem Gesetzesvorhaben bekräftigte. Linke, Grüne und AfD legten insgesamt 30 Änderungsanträge vor, die alle abgelehnt wurden. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), bezeichnete den Entwurf als fairen Kompromiss. Anträge der FDP und der Linken zur Ausleihe digitaler Güter in öffentlichen Bibliotheken und zur Entfristung von Bildungs- und Wissenschaftsschranken im Urheberrecht wurden abgelehnt.

Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2021 (ergänzt durch Material der dpa).