Bundestag beschließt Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung

Der Bundestag hat am 10.03.2017 den umstrittenen Gesetzentwurf zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (BT-Drs. 18/10208, 18/11449) gebilligt. Unter anderem sollen innovative Präparate künftig schneller beim Patienten ankommen, die Entwicklung von Medikamenten speziell für Kinder vorangetrieben werden, die Versorgung von Krebspatienten mit Zytostatika verbessert und Lieferengpässe bei Arzneimittel vermieden werden. Die ursprünglich vorgesehene Preisbremse ist in dem verabschiedeten Entwurf allerdings nicht mehr enthalten.

Maßnahmen zur Vermeidung von Lieferengpässen

Nach dem Gesetz werden Pharmaunternehmen verpflichtet, bei Kenntnissen über Lieferengpässe bei bestimmten Arzneimitteln sofort Krankenhäuser zu informieren. Um Lieferengpässe von vorneherein zu vermeiden, erhalten die zuständigen Behörden die Möglichkeit, von Herstellern Informationen zu Absatzmengen und Verschreibungsvolumen des betreffenden Arzneimittels zu fordern. Und um die Akutbehandlung von Patienten zu verbessern, können Krankenhausapotheken Importarzneimittel bis zu einer bestimmten Grenze auf Vorrat bestellen. Denn Krankenhäuser sind besonders von Lieferengpässen betroffen.

Ursprünglich vorgesehener Schwellenwert für freie Preisbildung gestrichen

Die Gesundheitspolitiker der Koalitionsfraktionen hatten zuletzt noch Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen. So wurde die von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro gestrichen. Sobald ein Präparat diese Marke im ersten Jahr nach Markteinführung des Medikamentes erreicht hätte, sollte der zwischen Hersteller und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) ausgehandelte, niedrigere Erstattungsbetrag rückwirkend gelten. Der Erstattungsbetrag wird – orientiert am Zusatznutzen des Mittels – zwischen Hersteller und GKV innerhalb eines Jahres ausgehandelt. In dieser Zeit kann der Hersteller den Preis grundsätzlich selbst festlegen. Über den Umsatz von 250 Millionen Euro kommen im ersten Jahr nur wenige neue Präparate. Die Gesundheitspolitikerin der Linksfraktion, Kathrin Vogler, kritisierte die Streichung der Umsatzschwelle: "Das ist nicht zu fassen."

Zunächst geplante Vertraulichkeit über Erstattungsbetrag gestrichen

Der Erstattungsbetrag wurde bisher zwischen Hersteller und GKV ausgehandelt und dann veröffentlicht. Gröhe wollte nun Vertraulichkeit über diesen Betrag vereinbaren. Die Veröffentlichung zwinge die Hersteller, möglichst hohe Abschlüsse zu erzielen. Denn Deutschland sei Referenzmarkt insbesondere für das europäische Ausland. Wenn die Verhandlungen und der Preisabschluss vertraulich blieben, könne die Pharmaindustrie höhere Rabatte geben, so eine Argumentation der Pharma-Industrie. Der Spitzenverband des Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrüßte, dass Geheimpreise verhindert wurden. Dies hätte lediglich den Gewinninteressen der Pharmaindustrie gedient. Dass andererseits die Umsatzschwelle gestrichen worden sei, komme den Herstellern besonders teurer und umsatzstarker Medikamente entgegen.

Sozialverband rügt Streichung der Umsatzschwelle als "Kniefall vor der Pharmalobby"

In den Augen des Sozialverbandes SoVD ist vor allem die Streichung der Umsatzschwelle "ein Kniefall vor der Pharmalobby". Die Mehrausgaben bei den Arzneimitteln führten zu steigenden Zusatzbeiträgen und damit zu einseitigen Mehrbelastungen der Versicherten. Der Pharmaverband Pro Generika warnte dagegen, mit dem Gesetz erhöhe sich der Preis- und Kostendruck auf Generika, der ja gerade Ursache für Arzneimittelengpässe sei.

Redaktion beck-aktuell, 10. März 2017 (dpa).

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