Bundesregierung will Werbeverbot für Abtreibungen abschaffen

Die Bundesregierung will das Werbeverbot für Abtreibungen so schnell wie möglich aus dem Strafgesetzbuch streichen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte gegenüber Pressevertretern am 22.12.2021, dass er noch im Januar einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen wolle. Auch die SPD im Bundestag und Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) signalisierten Unterstützung für diesen Zeitplan.

Buschmann: Werbeverbot für Abtreibung ist "absurd"

Die Ampel-Parteien hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, § 219a StGB aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Er untersagt Ärztinnen und Ärzten, Informationen über Schwangerschaftsabbrüche öffentlich zur Verfügung zu stellen. Buschmann bezeichnete dies als “absurd“. Der Paragraf bedeute für Ärzte “ein strafrechtliches Risiko, wenn sie beispielsweise auf ihrer Homepage oder sonst im Internet sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen“. Viele Frauen, die wegen eines Schwangerschaftsabbruches mit sich ringen würden, würden zwar auch im Netz Rat suchen. “Dass aber ausgerechnet die fachlich am ehesten zur Aufklärung berufenen Ärztinnen und Ärzte dort nicht informieren dürfen, kann nicht sein“, bekräftigte der FDP-Politiker. Ähnlich äußerte sich auch Familienministerin Spiegel. “Die Abschaffung des § 219a StGB, mit dem Frauen stigmatisiert und Ärztinnen und Ärzte kriminalisiert werden, steht schnell auf dem Programm“, sagte die Grünen-Politikerin der “taz“.

Union und AfD lehnen Streichung der Strafvorschrift ab

Wenig begeistert von den Plänen zum Werbeverbot äußerten sich dagegen Politiker der CDU und der AfD. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte, die Unionsfraktion lehne die Streichung des § 219a StGB ab. Ärzte und Ärztinnen könnten auch jetzt schon “risikolos über die Beratungsstellen und über die öffentliche Liste der Bundesärztekammer im Internet informieren". Die Ampel lege damit "die Axt an einen gesellschaftspolitischen Kompromiss, der ausgesprochen schwierig zu erzielen war". Bei einer Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen bestehe "die Gefahr, dass Informationen und Geschäftsinteressen vermischt werden".

CDU befürchtet bald Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen

Es sei außerdem zu befürchten, dass die Abschaffung von § 219a StGB “nur der erste Schritt“ der Ampel-Regierung sei, um auch § 218 StGB als solchen, der Schwangerschaftsabbrüche erst strafbar macht, ins Visier zu nehmen, sagte Krings. “Das Recht auf Leben steht für uns als Unionsfraktion nicht zur Disposition." Auch die AfD befürchtet weitergehende Maßnahmen. Schwangerschaftsabbrüche seien “keine normale Dienstleistung (...), deren Durchführung mit den üblichen Werbemitteln angepriesen werden sollte“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Seitz, der dpa. Mit der Abschaffung des Paragrafen sei zu befürchten, dass “das Bewusstsein für die Rechte des ungeborenen Lebens“ schwinde.

Linke begrüßen Regierungsvorhaben

Die grundsätzliche Frage, ob Schwangerschaftsabbrüche überhaupt strafbar sein sollten oder nicht, wollen die Ampel-Parteien von einer Kommission prüfen lassen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der dpa, dass es wichtig sei, “sorgsam“ bei diesen Fragen vorzugehen und “die Argumente aus der Zivilgesellschaft, von Frauenrechtsorganisationen und insbesondere auch den beiden großen Kirchen zu berücksichtigen“. In diesem Zusammenhang wies die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Heidi Reichinnek, darauf hin, dass die Ampel-Regierung angekündigt habe, Schwangerschaftsabbrüche als medizinische Eingriffe künftig kostenfrei zu machen. Das sei aber “unmöglich, solange die Abtreibung im Strafgesetzbuch und nicht anders geregelt“ sei. Ihre Erwartungen, dass auch § 218 StGB wegfalle, seien “gering“. Die Abschaffung von § 219a StGB sei wiederum zu begrüßen: “Es ist höchste Zeit, dass der von den Nationalsozialisten eingeführte § 219a StGB abgeschafft werden soll“, sagte Reichinnek.

Redaktion beck-aktuell, 23. Dezember 2021 (dpa).