Bundesregierung reicht Klage gegen EU-Kommission wegen EU-Baunormen ein

Bestimmte Baunormen der EU sind aus Sicht der Bundesregierung unzureichend oder lückenhaft. Darum hat die Bundesregierung am 20.04.2017 eine Klage gegen die EU-Kommission beim Gericht der Europäischen Union eingereicht: Würden die Normen in der jetzigen Form angewendet, wären die Bauwerksicherheit sowie der Umwelt- und Gesundheitsschutz der Bevölkerung gefährdet.

Bundesregierung sieht Gefahr für Bauwerksicherheit sowie Umwelt und Gesundheit

Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, europäisch harmonisierte Normen für Bauprodukte anzuwenden, um deren Qualitätseigenschaften zu bestimmen und zu kontrollieren. Sie dürfen über diese europäische CE-Kennzeichnung hinaus keine weiteren Prüfungen verlangen. Dies hatte der Europäische Gerichtshof jüngst entschieden. Nach Auffassung der Bundesregierung gefährden die existierenden Normen die Bauwerksicherheit sowie bestimmte Anforderungen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes. 2015 hatte Deutschland deshalb gegen sechs unvollständig harmonisierte Bauproduktnormen Einwände vorgebracht – nach Art. 18 VO (EU) Nr. 305/2011 – um die bestehenden Lücken in den Normen zu schließen.

Kommission hält zusätzliche Anforderungen bei Holzfußböden und Sportböden für rechtswidrig

Zwei Einwände wurden seitens der EU-Kommission zurückgewiesen. Diese beziehen sich auf Holzfußböden und Sportböden. Dagegen wird nun Klage vor dem Europäischen Gericht erhoben. Die Kommission hält zusätzliche Qualitätseigenschaften beziehungsweise Produktanforderungen in europäischen Normen für rechtswidrig und hat Hinweise auf national geltende ergänzende Regelungen aus den Normen gestrichen. Nach deutscher Auffassung werden damit die Regelungsmöglichkeiten zur Errichtung sicherer Bauwerke weiter eingeschränkt und das Umwelt- und Verbraucherschutzniveau abgesenkt.

Geltende Baunormen lassen Nachweisplicht für Schadstoffemissionen entfallen

Würden die harmonisierten EU-Normen derzeit ohne ergänzende Angaben angewendet, könnten Bauunternehmen, die zum Beispiel Fußbodenbeläge für Sporthallen oder Kindereinrichtungen sowie Parkett und Holzfußböden einbauen, nicht mehr überprüfen, ob diese gesundheitsschädliche Stoffe in die Innenraumluft abgeben. Die Hersteller der Fußböden wären nicht mehr verpflichtet, einen Nachweis über die Emissionen ihrer Bodenbeläge zu geben. Es bestünde daher die Gefahr, dass Hauseigentümer und Mieter einer höheren Schadstoffkonzentration ausgesetzt werden. Die Klage Deutschlands zielt darauf ab, dass die genannten Entscheidungen der Kommission aufgehoben werden und die Möglichkeit nationaler Ergänzungsregelungen rechtsverbindlich eröffnet wird.

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2017.

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