Bundesregierung beschließt Strategie für Nachhaltige Finanzierung

Das Bundeskabinett hat heute eine Strategie für Nachhaltige Finanzierung ("Sustainable Finance") beschlossen. Wie das Bundesumweltministerium mitteilte, sollen Investitionen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit mobilisiert und zunehmende Klimarisiken für das Finanzsystem adressiert werden. Geplant seien unter anderem Umschichtungen der Anlagen des Bundes in nachhaltige Anlageformen, Nachhaltigkeits-Kennzeichnungen und neue Berichtspflichten.

Umschichtung von Aktienanlagen des Bundes

Die unterschiedlichen Versorgungsfonds des Bundes sollen nach den Plänen des Kabinetts ihre Aktienanlagen Schritt für Schritt in Nachhaltigkeitsindizes umschichten. Die Treibhausgasemissionen der Aktienportfolios müssten demnach kontinuierlich sinken, um daraus resultierende Klimarisiken zu reduzieren, so das Bundesumweltministerium. Dabei handele es sich um ein Anlagevolumen von derzeit rund neun Milliarden Euro. Weiter will der Bund mit den Grünen Bundeswertpapieren zur Weiterentwicklung des Markts für nachhaltige Finanzinstrumente beitragen. Zukünftig sollen Grüne Bundeswertpapiere in weiteren Laufzeiten begeben werden, sodass eine grüne Bund-Renditekurve etabliert und zur Referenzgröße im grünen Euro-Kapitalmarkt werden könne.

Verlässliche und vergleichbare Informationsangebote

Die Sustainable Finance-Strategie setze zudem auf mehr Transparenz. Die Bundesregierung will für verlässliche und vergleichbare Informationsangebote sorgen, die zeigen, wie sich Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen auswirken und welche Auswirkungen die Unternehmenstätigkeit auf Umwelt- und Menschenrechte hat. Nachhaltigkeitsrisiken, die aus dem Klimawandel, der Transformation zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft, Naturkapitalverlust, Menschenrechtsverletzungen oder auch Pandemien resultieren, würden finanzielle Risiken für die Realwirtschaft und direkt oder indirekt für die Finanzindustrie bergen. Würden diese Risiken erkannt und berücksichtigt, mache das das Finanzsystem stabiler. Die Sustainable Finance-Strategie folge dabei dem "Environment Social Governance-Ansatz“.

Nachhaltigkeitsampel für Anleger

Für Privatanleger soll es künftig eine Nachhaltigkeitsampel für Finanzprodukte geben. Ein solches Ampelsystem könne nach den Plänen der Bundesregierung auf den geprüften Nachhaltigkeitsberichten und der EU-Offenlegungsverordnung aufbauen und auf den ersten Blick deutlich machen, ob ein Unternehmen Umweltschutz und Menschenrechte ernst nimmt. Eine schnelle EU-weite Lösung wäre hier die erste Wahl, heißt es in der Mitteilung des Bundesumweltministeriums. Sollte dies nicht gelingen, wolle die Bundesregierung einen eigenen Vorschlag für eine nationale Nachhaltigkeitsampel erarbeiten.

Berichtspflichten für Unternehmen

Mit der Sustainable Finance-Strategie hat sich die Bundesregierung zudem auf einen Katalog von Anforderungen für die sogenannte nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung geeinigt. Diese werde die Bundesregierung in die anstehenden Verhandlungen für eine neue, ambitionierte CSR-Richtlinie der EU einbringen. Künftig müssten demnach alle börsennotierten Unternehmen und großen Unternehmen mit Haftungsbeschränkung Nachhaltigkeitsberichte vorlegen. Die Nachhaltigkeitsberichte müssten zudem bestimmte Mindestvorgaben einhalten. Beispielsweise müssten Unternehmen ihre Klimarisiken transparent machen. Die Berichte müssen nach der geplanten Neuregelung durch Abschlussprüfer testiert werden, um Greenwashing zu vermeiden.

Mehr Nachhaltigkeit bei Risikomanagement und Aufsicht

Die Bundesregierung will außerdem eine Szenario-Studie zu physischen Klimarisiken für Real- und Finanzwirtschaft in Deutschland in Auftrag geben. So würden Methoden und Daten verbessert und einzelne Akteure könnten bereits durch die Übung ihre eigenen Risiken identifizieren und in ihre Risikomanagementsysteme aufnehmen. Ziel sei, dass Unternehmen darauf basierende Risiken besser erkennen und mit ihnen umgehen können. Das BMF soll nach der neuen Strategie noch im Jahr 2021 ein Konzept erarbeiten, wie die BaFin organisatorisch unterstützt wird, zum Beispiel durch angemessene personelle und technologische Ressourcen. Darüber hinaus soll die BaFin in einem Bericht bis Herbst 2021 aufzeigen, wie mit weiteren Behörden der Bundesregierung, wie beispielsweise dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen (BAFA), besser kooperiert werden kann, um die dort vorhandene Nachhaltigkeitsexpertise zu nutzen.

KfW als international führende Transformationsbank

Die Bundesregierung will die KfW bei der Umsetzung ihrer Sustainable Finance-Agenda weiter unterstützen. Die KfW habe sich zum Ziel gesetzt, die Wirkungen ihrer Finanzierungen zu messen sowie ihre Paris-Kompatibilität sicherzustellen. Damit werde erreicht, dass die KfW auch in Zukunft ein starker Partner der Realwirtschaft für die Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation bleiben wird.

Sustainable Finance und europäische Ebene

Welche Aktivitäten als nachhaltig gelten, wird derzeit auf europäischer Ebene in der sogenannten Taxonomie verhandelt. Mit ihrer Sustainable Finance-Strategie stellt die Bundesregierung ihre Position klar, dass Atomkraft nicht als nachhaltig gelten kann. Atomkraft verursache Müll für 300.000 Generationen. CO2-arm sei sie nur im Normalbetrieb, berge jedoch unvermeidbare Restrisiken: Reaktorunfälle könnten ganze Landstriche unbewohnbar machen. Auch für die Akzeptanz nachhaltiger Finanzprodukte in der Bevölkerung wäre eine europaweite Einstufung von Atomkraft als "nachhaltig" aus guten Gründen fatal.

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2021.