Bundesrat: Von Katastrophenwarnungen per Handy bis zur Prüfungsordnung für WEG-Verwalter
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© Bundesrat / Dirk Deckbar

Der Bundesrat hat zahlreichen Neuregelungen zugestimmt: Betroffene sollen im Katastrophenfall besser gewarnt werden, die Renten für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung werden angepasst und der Schutz vor Gesundheitsgefahren durch chemische Druckfarben auf Lebensmittelverpackungen wird verbessert. Die Länder fordern zudem mehr Zeit zum Ausbau der Infrastruktur für die Ganztagsbetreuung und die Prüfungsordnung für zertifizierte Verwalter steht - fast.

Prüfungsordnung für zertifizierten Verwalter

Der Bundesrat hat einer Regierungsverordnung zugestimmt, die die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz regelt. Zur Bedingung für seine Zustimmung machte der Bundesrat allerdings Änderungen bei der Befreiung von der Prüfungspflicht für bestimmte qualifizierte Personen. Setzt die Bundesregierung diese Änderungen um, kann sie die Verordnung wie geplant am Tag nach der Verkündung in Kraft setzen. Rechtsgrundlage für die Verordnung ist die von Bundestag und Bundesrat beschlossene Reform des WEG vom Oktober 2020, die seit Dezember letzten Jahres gilt. Sie gibt allen Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern den Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Dieser muss allerdings vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen haben, dass er oder sie über die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Voraussetzungen verfügt.

Handy-Warnungen im Katastrophenfall

Die Ländervertretung hat zudem die Regierungsverordnung zum sogenannten Cell Broadcast bestätigt. Diese Technologie soll es ermöglichen, im Katastrophenfall schneller Warnungen über Mobilfunknetze zu verbreiten – eine Lehre aus dem verheerenden Juli-Hochwasser. Warnungen über Cell Broadcast erreichen automatisch alle Mobilfunkteilnehmer, die mit ihrem Endgerät in einer Mobilfunkzelle eingebucht sind, ohne dass es besonderer Apps bedarf. Rechtsgrundlage für die Verordnung ist eine Änderung im Telekommunikationsgesetz, die Bundestag und Bundesrat bereits im Sommer verabschiedet hatten und die zum 01.12.2021 in Kraft tritt. Auf Bitten der Bundesregierung hat sich der Bundesrat in verkürzter Frist mit der Neuregelung befasst. Ziel sei es, den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 10.08.2021 rasch umzusetzen: Damals hatten die Regierungschefs und Regierungschefinnen der Länder mit der Bundeskanzlerin vereinbart, die für den Katastrophenschutz bestehende Warninfrastruktur schnellstmöglich um reichweitenstarke Warnungen der Bevölkerung mittels Cell Broadcast zu ergänzen.

Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung

Die Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz werden ab 01.01.2022 rückwirkend zum 01.09.2021 um 3,1% angehoben. Der Bundesrat hat am Freitag der entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zugestimmt. Es geht dabei um Renten für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, die einen Anspruch auf Entschädigung für Schaden an Leben, Körper oder Gesundheit, für Schaden in selbst- oder unselbständiger Erwerbstätigkeit und für Schaden im beruflichen Fortkommen aus den Vertreibungsgebieten nach dem Bundesentschädigungsgesetz haben – und für Hinterbliebene der Betroffenen.

Mehr Schutz bei Druckfarben auf Lebensmittelverpackungen

Die Länderkammer hat am Freitag zudem Grünes Licht für die Druckfarbenverordnung gegeben. Der Regierungsvorschlag soll Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor Gesundheitsgefahren durch chemische Druckfarben auf Lebensmittelverpackungen schützen. Druckfarben auf Verpackungen können bestimmte chemische Stoffe in hohen Mengen enthalten, die auf Lebensmittel übergehen und Niere, Leber oder Lymphknoten schädigen können. In einer Positivliste sind künftig alle Farbstoffe und deren Höchstmengen aufgeführt, die gefahrlos verwendet werden dürfen. Die Verordnung enthält eine vierjährige Übergangsfrist zur Anwendung der neuen Regeln. 

Mehr Zeit für Ausbau der Ganztagsbetreuung

Die Länder fordern mehr Zeit, um die Mittel zum Ausbau der Infrastruktur für die Ganztagsbetreuung abzurufen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will der Bundesrat auf Initiative von 13 Ländern beim Deutschen Bundestag einbringen. Dies hat das Plenum am Freitag einstimmig beschlossen. Der Bund hat den Ländern 750 Millionen Euro als sogenannte Beschleunigungsmittel für den Ganztagsinfrastrukturausbau zur Verfügung gestellt. Die Einzelheiten sind in einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt. In der Vereinbarung ist die Frist zum Mittelabfluss auf den 31.12.2021 festgelegt. Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf zur Anpassung der Ganztagsfinanzierung sieht nun eine Verlängerung um ein Jahr bis Ende 2022 vor.

Grund: Pandemie führt zu Verzögerungen

Insbesondere die angespannte Marktlage im Bausektor aufgrund der weltweit anziehenden Konjunktur nach dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie führe zu erheblichen Verzögerungen bei der Durchführung von Bauprojekten, warnt die Länderkammer. Es sei den Ländern deshalb nicht möglich, die Mittel innerhalb der Frist abzurufen und an die Schulträger weiterzugeben. Kommunale Schulträger, die im Vertrauen auf den Erhalt der Mittel bereits Aufträge erteilt haben, müssten im Falle eines Widerrufs von Förderbescheiden aufgrund nicht fristgerechten Mittelabrufs die entstehenden Kosten selbst tragen. Dies übersteige die finanzielle Leistungsfähigkeit vieler Träger.

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2021.